Ämter zahlen zu wenig Heizkostenzuschuss
Zweimal klopft Ria Albrecht gegen das Abdeckglas ihres Heizgastanks. Doch die Nadel bewegt sich nicht. "Es sind noch knapp 35 Prozent drin", sagt sie. "In vier bis sechs Wochen geht es ins Rote rein." Das heißt dann: Gas nachfüllen, sonst geht die Heizung aus. Ria Albrecht ist Hartz-IV-Empfängerin. Von ihrem Jobcenter bekommt sie rund 615 Euro im Jahr Heizkostenzuschuss, damit muss sie den ganzen Winter auskommen.
Heizkosten für 45 Quadratmeter
Doch der Heizkostenzuschuss vom Jobcenter reicht nicht aus, weil Ria Albrecht ein Eigenheim bewohnt. Würde sie in einer Mietwohnung wohnen, dürfte die nicht größer als 45 Quadratmeter sein. Und deshalb bekommt sie auch nur Heizkosten für 45 Quadratmeter. Ihr Haus aber hat 118 Quadratmeter. "Im Haus heize ich nur noch im Wohnzimmer, in der Küche, im Bad und im Schlafzimmer“" so Albrecht. "Der Rest bleibt kalt."
Im vergangenen Winter ist Ria Albrecht mit dem Gas, das ihr das Jobcenter bewilligt hat, nicht ausgekommen. Sie durfte dann zwar nachtanken, aber nur auf Basis eines Darlehens. Das zahlt sie nun zurück, jeden Monat gut 40 Euro - Geld, das ihr zum Leben fehlt.
Grundsätzlich richtet sich die Höhe des Heizkostenzuschusses nach dem Bundesheizspiegel. In dem sind die Heizkosten von 40.000 Haushalten bundesweit zusammengefasst und nach den verschiedenen Heizmitteln differenziert. In welchem Zustand das jeweilige Wohngebäude ist, spielt allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Weil sie meist günstiger sind, leben viele Sozialleistungs-Empfänger in schlecht gedämmten Wohnungen. Doch genau diese Wohnungen verursachen eben hohe Heizkosten.
Schlechter energetischer Zustand, hohe Heizkosten
Also Heizkosten sparen - aber wie? Der Energieberater der Verbraucherzentrale, Harald Klenz, hält die an Ria Albrecht gelieferten Gasmengen des vergangen Jahres für zu wenig für das Haus. Auch der energetische Zustand des Hauses ist nicht gut - es komme nicht genug Wärme in den zu beheizenden Räumen an. Sein Besuch hat gezeigt: Exakt 45 Quadratmeter lassen sich in einem größeren Eigenheim offenbar nicht beheizen.
Das zuständige Jobcenter Greifswald-Vorpommern Süd teilt uns auf Anfrage mit: "Es wurde festgestellt, dass die deutliche Überschreitung des Grenzwertes nicht an baulichen, altersbedingten Besonderheiten des Wohnhauses liegt, sondern allein darauf zurückzuführen ist, dass hier eine zu große Wohnfläche beheizt wird." Zudem verweist es auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes, in dem es heißt, dass in Kauf genommen werden müsse, dass dieses Wohnhaus im Rahmen der laufenden Leistungsgewährung nicht in kompletter Größe erhalten beziehungsweise unterhalten werden könne.
Mit anderen Worten: Bewohnen darf Ria Albrecht als Hartz-IV-Empfängerin ein Haus dieser Größe komplett. Beheizen aber nur teilweise.