Der anhaltende "Kult" um die RAF
Fast 30 Jahre ist der sogenannte Deutsche Herbst her: Die Morde an Hanns Martin Schleyer, Jürgen Ponto und Siegfried Buback, die Flugzeugentführung der Landshut und die Selbstmorde der führenden RAF-Leute in Stammheim. Die Fotos und Symbole dieser Zeit haben viele noch vor Augen. Jenseits der persönlichen Erinnerung sind die Bilder auf unterschiedlichste Weise Gegenstand der Kultur.
Im New Yorker Museum of Modern Art hängen die verfremdeten Bilder der toten Ulrike Meinhof und der verhafteten Gudrun Ensslin in Stammheim. Es sind in grau gehaltene Gemälde - wie Schatten einer dunklen Zeit.
Die Fotos und Symbole des sogenannten Deutschen Herbstes wurden schon von Beginn an mit Bedeutung aufgeladen - von beiden Seiten, der RAF selbst und der Polizei. Die verwischten, grobkörnigen Schwarzweißfotos auf der Fahndungsplakaten, der rote fünfzackige Stern mit dem Maschinengewehr davor - inzwischen haben die Bilder eine eigene kulturelle Geschichte.
Verfremdet durch die Medien
"Als Gruppe funktionieren wir antiautoritär. Das kann natürlich nicht bedeuten, dass wir keine Führung haben. Nur die echten Kader haben Befehlsgewalt", so lautet es in dem Kinofilm "Baader". Mit der wahren Geschichte des Terroristen hat er nicht mehr viel zu tun - die Person Andreas Baader nicht als Protestfigur, sondern als Popstar. Es ist nicht der erste Film, der den deutschen Linksterrorismus und seine Hauptfiguren zum Thema hat. Ein weiterer, nach Stefan Austs Buch "Der Baader-Meinhof-Komplex", wird gerade gedreht. Die Ironie der Geschichte ist, dass die anhaltende mediale und kulturelle Aufmerksamkeit gegenüber der RAF auf Baaders eigenen Drang zur Öffentlichkeit trifft. Schon immer hatte er diesen Wunsch, sagt der Werbegrafiker und Maler Holm von Czettritz, der mit dem jungen Andreas Baader befreundet war.
Ob im Gerichtsaal im Kaufhausbrand-Prozess mit Sonnenbrille und aufgeknöpftem Hemd, oder auf der Flucht im Sportwagen mit Lederjacke und cooler Ray-Ban-Brille, Baader plante seine Wirkung bis ins letzte Detail, sagt Jörg Hermann, sein Biograph. "Sein Hunger nach Aufmerksamkeit war sehr groß. Er hat sich selbst inszeniert und hat auch seinen Körper und alle Attribute der Selbstinszenierung dafür eingesetzt", sagt Hermann.
Die RAF als Mode-Label
Damals kennt jeder die T-Shirts mit dem aufgedruckten Maschinengewehr und dem RAF-Stern, ein Gag-Mode-Label, das sich "Prada-Meinhof" nennt. Es gibt ganze Fotostrecken in Lifestyle-Zeitschriften, die sich an Fahndungsfotos orientieren. Bekanntheit erlangten auch die Aufnahmen, die Astrid Proll Anfang der 70er-Jahre von Andreas Baader und Gudrun Ensslin in Paris auf der Flucht machte. Die Fotos zeigen ein verliebtes Paar, das rauchend im Cafe sitzt. Gegen die Nachahmung aus der Modebranche hat sich Proll gewehrt, aber auch sie zeigte die Fotos in Museen - unbefangene Bilder und Zeichen scheint es nicht mehr zu geben, zu stark wirken die Ereignisse auf sie zurück.
Anfang der 70er-Jahre baten Andreas Baader und Gudrun Ensslin den Grafiker Holm von Czettritz, das Symbol der RAF zu verbessern. Dieser lehnte ab, weniger aus moralischen, als aus ästhetischen Gründen. "Und dann habe ich ihnen gesagt, - ich habe mich aufgeblasen, als wäre ich der Fachmann schlechthin - ich würde ihnen empfehlen, den Markenkern in seiner Originalität zu erhalten und keine Änderungen daran vorzunehmen. Ich hätte natürlich einen Teufel getan und an ihrem Zeichen rumgespielt."