Mitreden! Deutschland diskutiert

Spione unterwegs in Deutschland - wie groß ist die Gefahr?

Donnerstag, 24. Oktober 2024, 20:15 bis 22:00 Uhr, NDR Info

Spione unterwegs in Deutschland - Wie groß ist die Gefahr?

Sendung: Mitreden! Deutschland diskutiert | 24.10.2024 | 20:15 Uhr

Bei "Mitreden!" wurde mit Experten über die wachsende Spionage- und Sabotagegefahr für Deutschland diskutiert. Die Sendung als Video-Mitschnitt.

Cyber-Angriffe, Sabotage-Akte: Deutsche Nachrichtendienste warnen vor zunehmenden Aktivitäten russischer und chinesischer Spione. Was heißt das für die deutsche Wirtschaft, die Bundeswehr und für die Energieversorgung? Für die Forschung oder die Sicherheit des Zahlungsverkehrs? Sind wir ausreichend geschützt?

Moderatorin Doreen Jonas begrüßte als Gäste:

Dr. Hans-Walter Borries
Vice Chairman Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen

Christina Nagel
ehem. Korrespondentin im ARD-Studio Moskau, ARD-Hauptstadtstudio

Roderich Kiesewetter
CDU-Bundestagsabgeordneter, Obmann im Auswärtigen Ausschuss und stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums

AUDIO: Das war Mitreden! Spionage in Deutschland (5 Min)

Mutmaßlich russische und chinesische Sabotage- und Spionage-Aktivitäten

In Leipzig brennt am Flughafen ein Frachtcontainer im DHL-Logistik-Center aus. "Nur die Verspätung der Maschine hat uns vor einem Flugzeugabsturz bewahrt", sagt später der Bundesnachrichtendienst (BND). Ein Sabotagefall, mutmaßlich mit russischem Absender. Ein enger Mitarbeiter des EU-Parlamentariers Maximilian Krah (AfD) wird festgenommen. Der Vorwurf: Spionage für China. Der Verdächtige sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Eine weitere Informantin soll als Angestellte eines Logistikunternehmens am Flughafen Leipzig/Halle zwischen August 2023 und Februar 2024 wiederholt vertrauliche Informationen an den chinesischen Geheimdienst weitergegeben haben. Darunter befanden sich Details zum Transport von Rüstungsgütern und zu Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen.

Geheimdienste in Deutschland erwarten zunehmende Aktivitäten

Ungewöhnlich deutlich warnen die deutschen Nachrichtendienste BND und MAD sowie der Verfassungsschutz vor Spionage und Sabotage durch russische Agenten. Russland nehme dabei auch "die Gefährdung von Menschenleben in Kauf", sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang. Insgesamt würden die russischen Geheimdienste "ohne jeglichen Skrupel" agieren und eine weitere Verschärfung der Lage sei alles andere als unwahrscheinlich, so BND-Chef Bruno Kahl. 

Verteidigungsexperte Kiesewetter fordert mehr Befugnisse für Geheimdienste

Darüber müsse die Bevölkerung besser aufgeklärt werden, fordert Roderich Kiesewetter (CDU), Obmann im Auswärtigen Ausschuss und Stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die Dienste in Deutschland kontrollieren soll. Kiesewetter macht sich seit längerem dafür stark, den Geheimdiensten mehr Befugnisse einzuräumen und sie weniger bürokratisch zu kontrollieren. Nur so könnten die Dienste effektiver auf Bedrohungen reagieren. Und möglicherweise eigenständiger arbeiten: Oft sind Ermittler in Deutschland auf Hinweise von ausländischen Geheimdiensten angewiesen. Nötig sei, so Kiesewetter, auch eine engere Zusammenarbeit zwischen Nachrichtendiensten und Bundeswehr.

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GPS-Störungen, Desinformation und Provokationen im Ostseeraum

Christina Nagel, langjährige Leiterin des ARD-Studios in Moskau, hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) im Juni bei der Tagung des Ostseerates beobachtet. Großes Thema waren die Provokationen durch russische Militärmaschinen oder vermeintliche Forschungsschiffe. Nagel hatte als deutsche Journalistin in Moskau regelmäßig mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB zu tun und wurde, wie sie sich erinnert, schon von Berufs wegen "generell für eine Spionin gehalten".

Technologien und Forschungsergebnisse ausgespäht

Die Bedrohung durch Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung wird von der Mehrheit der Unternehmen als hoch bis sehr hoch eingeschätzt. In der Statistik des Bundeskriminalamts für 2023 werden allein mehr als 134.000 Fälle von Cyberkriminalität angezeigt. Dabei seien deutsche Unternehmen seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 noch stärker im Fokus von Angreifern geraten.

Nur ein kleiner Teil der Unternehmen zeigt entsprechende Vorfälle an

Laut Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) belaufe sich der jährliche Schaden für die deutsche Industrie durch Cyberangriffe, Spionage, Sabotage und Datendiebstahl auf mehr als 200 Milliarden Euro. Es brauche einen ganzheitlichen Schutz, für den Wirtschaft und Politik enger zusammenarbeiten müssten. Von den Unternehmen werden Ausspähversuche oder Technologie-Klau nur selten angezeigt. Während große Konzerne viele Maßnahmen selbst in die Wege leiten könnten, sei sich die Mehrzahl der kleinen und mittleren Unternehmen häufig gar nicht bewusst, dass sie ein lohnendes Spionage-Ziel sein könnten.

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