NDR Info - Redezeit
Mittwoch, 06. März 2024, 19:03 bis
20:00 Uhr
Kein Zug, kein Flug - sind die Streiks noch verhältnismäßig?
Hörerinnen und Hörer haben in der NDR Info Redezeit zusammen mit Experten diskutiert. Die komplette Sendung als Video-Mitschnitt.
Gewerkschaft GDL und Deutsche Bahn haben sich nach monatelanger Auseinandersetzung noch nicht auf neue Tarife geeinigt. Streiks gibt es auch im Flugverkehr. Wie lange geht das so weiter? Welche Folgen hat das? Darum ging es in der NDR Info Redezeit.
Die Streiks bei der Deutschen Bahn gehen weiter. Auch in Norddeutschland werden voraussichtlich die meisten Züge ausfallen. So weit das bekannte Prozedere. Nun setzte GDL-Chef Claus Weselsky noch eins drauf und sagte, anschließend werde es Streiks ohne die übliche Ankündigungs-Frist von 48 Stunden geben: sogenannte "Wellen-Streiks". Damit werde die Bahn auch keinen Notfahrplan mehr einsetzen können. Für die Kunden bedeute dies, dass die DB kein verlässliches Verkehrsmittel mehr sei, so Weselsky.
- Mal wieder Streik ... Wie funktioniert der Notfallfahrplan?
- Tarifexperte Schulten zu Streiks: "Verteilungskonflikt ist stark"
- Unternehmensverbände: Schlimmste Befürchtungen werden wahr
- Wissing zu drohendem Bahnstreik: "Nicht länger erklärbar"
- Bsirske: "Streiks sind ein Signal der Ernsthaftigkeit"
- GDL und Transdev einigen sich: Lokführer müssen weniger arbeiten
- Fluggastrechte: Was tun bei Flugverspätung und Flugausfall?
Verhandlungen wurden erneut abgebrochen
Die Schuld für die abgebrochenen Gespräche schieben sich die Verhandlungspartner gegenseitig zu. Der Deutschen Bahn "fehlt es an gutem Willen" bei den Tarifverhandlungen, sagt die GDL. Die Lokführergewerkschaft streike, weil sie nicht ihre Maximalforderungen erhalte, so die Bahn. "Das ist stur und egoistisch", so DB-Personalvorstand Martin Seiler. Nach Kompromissbereitschaft klingt das auf beiden Seiten nicht. Auch erfahrene Schlichter konnten nicht helfen.
GDL fordert Absenkung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich
Es ist der fünfte Streik in dem seit Monaten andauernden Tarifkonflikt. Im Zentrum der Verhandlungen steht weiterhin die Forderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden ab 2028 - bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn bezeichnete das mit Verweis auf den Fachkräftemangel als nicht umsetzbar.
Machen die Streiks die Verkehrswende kaputt?
Harte Kritik kommt unter anderem vom Fahrgastverband Pro Bahn. Der Vorsitzende Detlef Neuß sagte der "Rheinischen Post": "Die Tarifpartner machen gerade die Verkehrswende kaputt. Was jetzt läuft, ist den Fahrgästen nicht mehr zu vermitteln." Trotz der gesetzlichen Tarifautonomie sei es nun an der Zeit, dass die Politik aktiv werde. Der Bund sei Eigentümer der Bahn. Er sei in der Pflicht zu intervenieren.
Sollte das Streikrecht geändert werden?
Unionspolitiker fordern eine Verschärfung der Gesetze. Demnach solle in kritischer Infrastruktur zuerst ein Schlichtungsverfahren abgeschlossen werden, bevor gestreikt werden darf. Juristen haben aber Zweifel geäußert, dass das so einfach wäre. Und die Bundesregierung hat entsprechenden Forderungen bereits eine Absage erteilt. An der Tarifautonomie solle nicht gerüttelt werden, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gesagt. "Das Recht, sich zu Gewerkschaften zusammenzuschließen und dann auch Arbeitskämpfe zu führen, gehört zu den Freiheiten, die in unserem Grundgesetz fest geregelt sind". Scholz empfiehlt lediglich, mit klugem Maß von diesem Recht Gebrauch zu machen.
Auch Flugzeuge bleiben am Boden
Diesmal sind es nicht nur Bahnstreiks. Auch Flugpassagiere müssen Geduld haben: Ver.di hat das Bodenpersonal der Lufthansa für Donnerstag und Freitag zu einem Ausstand aufgerufen, zudem in Hamburg und Frankfurt den Luftsicherheitsdienst. Zahlreiche Flüge fallen aus.
Wie haben mit Ihnen und mit Experten über die Streiks diskutiert.
NDR Info Moderatorin Nina Zimmermann begrüßte als Gäste:
Nicolas Lieven
Wirtschaftsredakteur beim NDR
Prof. Dr. Thorsten Schulten
Politikwissenschaftler, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung Düsseldorf