Mal wieder Streik ... Wie funktioniert der Notfallfahrplan?
Streikt die GDL, schüttelt die Deutsche Bahn scheinbar routiniert einem Notfallplan aus dem Ärmel. Einige Züge fahren dann noch, Fahrgäste stranden seltener. Wie genau entsteht dieser Notfallfahrplan?
Mit jeweils zwei Warnstreiks im Herbst 2023 und zwei im neuen Jahr hat die Lokführergewerkschaft GDL inzwischen vier Mal den Bahnverkehr lahmgelegt. Genauso oft konnte die Deutsche Bahn (DB) an ihrem Konzept des Notfallfahrplans feilen - und dies, nach eigenen Aussagen, erfolgreich. Nach Einschätzung von Malte Diehl, Pressesprecher vom Landesverband Pro Bahn Niedersachsen/Bremen, funktioniert der Notfallfahrplan der DB immer so "Pi mal Daumen". Es gebe inzwischen eine gewisse Routine, was den Bahnstreik und somit auch die Errichtung eines Notfall-Fahrplans angehe.
Wer bedient die Lok, wenn alle streiken?
Den Notfallplan entwickelt die Bahn nach eigenen Angaben immer "angepasst an die jeweilige Personalsituation". Denn: Nicht alle Mitarbeitenden streiken. "Der Bahn-Betrieb wird von Mitarbeitenden aufrechterhalten, die nicht streiken, beispielsweise, weil sie Mitglieder einer anderen Gewerkschaft, nicht-organisiert oder verbeamtet sind", sagt eine Deutsche Bahn Sprecherin gegenüber NDR.de. Mit dem verbliebenen Personal plant die Bahn im Streikfall etwa 22.900 Zugfahrten am Tag neu. Inzwischen benötige die DB nur mindestens einen Tag Vorlauf, um ein Konzept zu entwickeln.
Prioritäten im Fernverkehr bei Warnstreik
Im Fernverkehr versucht die Bahn bei den am stärksten nachgefragten Verbindungen mindestens ein zweistündliches Angebot aufrechtzuerhalten. Dazu gehören die Verbindungen von Berlin über Hannover in die Rhein-/Ruhr-Region oder auf der Nord-Süd-Strecke von Hamburg nach Frankfurt (Main). Dabei sollen die Züge wenn möglich zu gewohnten Zeiten fahren, dafür seltener. "Fährt ein ICE beispielsweise im festen Takt immer um 10:20 Uhr, 11:20 Uhr, 12:20 Uhr etc., so verkehrt er im Notfahrplan beispielsweise um 10:20 und um 12:20 Uhr", sagt die Bahnsprecherin.
Regionalverkehr deutlich aufwendiger
Während im Fernverkehr täglich 900 Fahrten stattfinden, gibt es bei der DB etwa 22.000 Fahrten durch das Regionalnetz. Dies mache das Erstellen eines Notfahrplans für Regionalzüge und S-Bahnen wesentlich aufwendiger, heißt es von der Bahn. Auch ließe sich im Vorfeld nur ein "Grundgerüst" für einen Plan erarbeiten. Dieser werde, abhängig von der Situation, angepasst. Priorität haben im Regionalverkehr die Verbindungen im Schülerverkehr, Berufsverkehr, abgelegene Regionen und wichtige Zubringer zu Fernverkehrszügen oder Flughäfen.
Mehr Platz durch längere Züge
In welchem Umfang der Notfahrplan umgesetzt werden kann, hänge davon ab, "wie viele Mitarbeitende streiken, wie viele Züge normalerweise auf einer Strecke im Einsatz sind und wie lang die Strecken sind", so eine Bahnsprecherin. Damit aber so viele Fahrgäste wie möglich befördert werden können, werden wenn möglich längere Züge mit einer großen Sitzplatzkapazität eingesetzt.
Alternative in Niedersachsen: Private Anbieter
Auch bei ausgedünntem Notfallplan der DB: In Niedersachsen können Reisenden auch auf andere private Anbieter auszuweichen - wie beispielsweise Metronom, Erixx und Enno. Diese Regionalbahnen von privaten Unternehmen decken einen Großteil der Bahnverbindungen ab, erklärt Diehl von Pro Bahn. "Das erleichtert das Ganze auf jeden Fall, denn so kommt man von A nach B, auch wenn es dann vielleicht zwei Stunden länger dauert als sonst", sagt Diehl.
"Totalausfall" in ländlichen Regionen Niedersachsens
Laut Diehl gebe es allerdings Regionen in Niedersachsen, die nur die DB befährt: Im Streik gebe es dann einen "Totalausfall". Dies sei besonders für Pendelnde sowie für Schülerinnen und Schüler ein Problem: In diesen Regionen gebe es auch keine Überlandbusse. "Man kommt dann nur vom Fleck, wenn man sich einer Fahrgemeinschaft anschließen kann", so Diehl. Zu diesen Regionen nennt Diehl beispielhaft Herzberg am Harz.