Streik der Lokführer: Folgen für Niedersachsens Wirtschaft
Seit Dienstagabend sind Mitarbeitende der Deutschen Bahn (DB) erneut zum Streik aufgerufen. Der Arbeitskampf hat Folgen für die niedersächsische Wirtschaft und löst nun eine Debatte um das Streikrecht aus.
100 Millionen Euro - so viel kostet der Bahnstreik die deutsche Wirtschaft pro Tag, wie das Institut der deutschen Wirtschaft mitteilte. Den niedersächsischen Unternehmerverbänden zufolge lässt sich der genaue wirtschaftliche Schaden in Niedersachsen allerdings schwer beziffern. Eines sei aber klar: Die Wirtschaft leide unter dem Streik.
Arbeitgeberverband fordert Reform des Streikrechts
Angesichts der wirtschaftlichen Schäden spricht sich der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, für eine Reform des Streikrechts aus. Arbeitskämpfe, die die kritische Infrastruktur betreffen, sollten verbindlich an ein unabhängiges Schlichtungsverfahren gekoppelt werden, sagte Schmidt am Mittwoch. "Damit würde vermieden werden, dass sich eine Tarifpartei wie jetzt die GDL, Verhandlungen schlicht verweigert". Das gesamte Land für mehrere Tage erneut lahmzulegen, sprenge den Rahmen der rechtlich festgeschriebenen Verhältnismäßigkeit von Streikmaßnahmen, so Schmidt.
DGB: Streiks als einziges Mittel der Beschäftigten
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Niedersachsen dagegen warnt vor Forderungen nach einer Einschränkung des Streikrechts. "Streiks sind nicht nur ein rechtlich zulässiges, sondern explizit auch durchs Grundgesetz geschütztes Mittel im Arbeitskampf", sagte der DGB-Landesvorsitzende Mehrdad Payandeh. Der wirtschaftliche Druck sei das einzige Mittel der Beschäftigten, um für ihre Interessen zu kämpfen. Ohne Streikrecht gebe es keine Tarifverhandlungen auf Augenhöhe.
Streik der GDL: Folgen für Arbeitnehmer und Güterverkehr
Auswirkungen hat der Streik auf die Wirtschaft zum einen, indem Beschäftigten schlecht zur Arbeit kommen und Dienstreisen umgeplant werden müssen. Zum anderen sind Waren und Rohstoffe, die über die Schiene kommen, möglicherweise länger unterwegs und fehlen in den Betrieben. Besonders die Automobilwirtschaft sowie die Chemie- und Stahl-Branchen werden per Schiene beliefert. Die Salzgitter AG zum Beispiel bekommt per Bahn Erz und Kohle geliefert. Gleichzeitig gehen auch fertige Produkte über die Schiene raus. Dort stimme man sich deshalb nun täglich mit DB Cargo, der Gütersparte der Bahn, ab - hieß es auf Anfrage des NDR. Darüber hinaus schicken die firmeneigene Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter GmbH selbst Güter auf die Schiene, so die Salzgitter AG.
Bahnstreik im Güterverkehr hat Auswirkungen auf Häfen
Der GDL-Streik hat nach Angaben von Hafenlogistikern und Hafenbetreibern auch Folgen für den Güterumschlag in den Seehäfen an der Nordsee. "Wir rechnen damit, dass deutlich weniger Züge an- und ablaufen werden", sagte ein Sprecher des Containerterminal-Betreibers Eurogate im Vorfeld des Streiks. Eurogate betreibt an der deutschen Nordseeküste große Containerabfertigungen in Bremerhaven, Wilhelmshaven und Hamburg. Verzögerungen im Güterverkehr durch den Bahnstreik hatte auch Niedersachsens landeseigene Hafeninfrastrukturgesellschaft NPorts erwartet. "Wir gehen vom jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass es durch den Streik in unseren Standorten zu erheblichen Auswirkungen kommen wird", teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Vom Bahnstreik profitieren?
Die Speditionen in Niedersachsen können, zumindest vorübergehend, teilweise vom Bahnstreik profitieren. Dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen zufolge gibt es aufgrund des Bahnstreiks kurzfristig eine erhöhte Nachfrage nach Lastwagen. Das sei aus wirtschaftlicher Sicht gut für Spediteure, hieß es. Der Verband sagt aber auch: Zum einen gebe es gar nicht so viele Lastwagen und Lastwagenfahrer, um mal eben den Ausfall ganzer Güterzüge zu kompensieren. Zum anderen gehe es langfristig außerdem darum, stabile Lieferketten hinzubekommen. Sonst schwinde Vertrauen.