Was Flüchtlinge über die Anschläge sagen
Mohammed und Ahmed sind aus Syrien geflohen. Vor dem Krieg. Vor dem Terror. Seit den Anschlägen in Paris sind ihre Wunden größer geworden, erzählen sie. Sie fühlen mit den Angehörigen der Opfer. "Wir können sie verstehen, weil wir genau vor diesem Terror geflohen sind", erzählt Mohammed, als er mit frischen Blumen in der S-Bahn sitzt - auf dem Weg zum Brandenburger Tor.
Die Anschläge in Paris könnten die Situation verschärfen, befürchten Mohammed und Ahmed. Seit den Anschlägen treffen die beiden jungen Syrer täglich andere Flüchtlinge am Gedenkplatz - legen Blumen vor die französische Botschaft, zünden Kerzen an. Gemeinsam möchten sie ein Zeichen setzen - gegen den Terror. "Wir sind alle gleich", schreiben sie auf ein Stück weißes Papier. Gemeinsam trauern sie.
Flüchtlinge möchten sich vom Terror distanzieren
Der 21-jährige Mohammed engagiert sich seit drei Monaten als Flüchtlingshelfer am Hamburger Hauptbahnhof. Täglich empfängt er hier hunderte Neuankömmlinge. Dass sich unter ihnen Terroristen befinden, hält er für unwahrscheinlich. Doch auch er macht sich Sorgen darüber, welche Auswirkungen die Anschläge nun haben können." Die Menschen, die nicht wollen, dass Flüchtlinge nach Europa kommen, können das jetzt für sich nutzen. Die können es so darstellen, als kämen Terroristen aus Syrien, mit dem Ziel Deutschland anzugreifen."
Mohammed will das nicht zulassen. Sucht deshalb auch Kontakt zu Deutschen. "Kommunikation ist das Beste. So können wir zeigen, dass wir nicht so sind. Ich habe mittlerweile viele Freunde in Deutschland und sie alle hatten eine schlechte Meinung zum Islam. Ich habe ihnen gezeigt, dass ich normal bin, ich bete und versuche, den Menschen zu helfen."
Dutzende Umarmungen für Ali
Ali bindet sich die Augen zu. Er steht mitten in der Hamburger Innenstadt und breitet seine Arme aus. Menschen gehen an ihm vorbei, wirken verwirrt. Manche entdecken das Plakat neben ihm, bleiben kurz stehen und lesen es durch: "Ich bin Moslem. Ich bin kein Terrorist. Ich vertraue Dir - vertraue mir und umarme mich." Mit gemischten Gefühlen wartet er. "Ich habe Angst um meine Zukunft. Angst, dass sich die Menschen mir gegenüber verschließen, weil ich Moslem bin. Deshalb stehe ich hier, ich möchte ein Zeichen setzen."
Und dann geht es los. Er bekommt Umarmungen - dutzende. Kaum jemand geht an ihm vorbei, ohne ihn zu Umarmen. "Damit habe ich nicht gerechnet", sagt Ali und lächelt mit jeder Umarmung ein bisschen mehr. Der 27- Jährige promoviert an der Hamburger Universität. Er hofft auf eine Zukunft in Frieden, möchte sein Leben aufbauen und die Chance nutzen, die ihm Deutschland bietet. Die Chance, die er in seiner Heimat, in Syrien, nicht mehr hat. Deshalb möchte er ein Zeichen setzen. Und es ist ihm offenbar gelungen.