VW zahlt aus Angst, nicht aus Überzeugung
Es wird noch einmal teurer, aber vielleicht ist der VW-Skandal dann auch ausgestanden, so wohl die Hoffnung der Aktionäre. Sie haben sich erleichtert gezeigt über den Vergleich: Nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte will Volkswagen in den USA 14,7 Milliarden Dollar, also umgerechnet mehr als rund 13 Milliarden Euro zahlen. Eine entsprechende Vereinbarung erzielte der Konzern mit den US-Behörden. Sie muss jetzt noch von einem Richter gebilligt werden. Aber ist dann wirklich wieder alles gut?
Ein Kommentar von Sabrina Fritz, ARD-Korrespondentin in Washington
Volkswagen hat Geschichte geschrieben. Noch nie hat ein Autokonzern dermaßen viel Geld in die Hand genommen, um einen Fehler wieder gut zu machen. Für diese enorme Summe könnte man 750.000 VW Golf kaufen, wenn man denn überhaupt noch einen fahren mag. Die Marke VW ist ramponiert. Allein mit Geld lässt sich der Schaden nicht beheben. Es braucht eine neue Unternehmenskultur, neue Autos und das Verständnis, dass man etwas falsch gemacht hat. Das nehme ich VW immer noch nicht ab. Das Geld wird aus Angst vor den amerikanischen Richtern gezahlt, nicht aus der Überzeugung, dass man betrogen hat.
Der Vergleich ist erst der Anfang für einen Neustart
VW musste mit allen Mitteln einen langwierigen Prozess verhindern. Kenneth Feinberg, der Topanwalt, den die Wolfsburger engagiert haben, machte ganz klar: Das Angebot an die VW-Kunden muss so hoch sein, dass sie es nicht ausschlagen können. Rückkauf plus bis zu 10.000 Dollar Entschädigung, da werden die meisten nicht "Nein" sagen. Die Summe ist angemessen. Als Kunde kann ich verlangen, dass mein Produkt zurückgenommen wird, wenn es nicht das hält, was es verspricht. Die 10.000 on top sind dem amerikanischen Rechtssystem geschuldet, wo man ja auch Millionen kriegt, wenn man sich heißen Kaffee über das Knie kippt. Die Frage ist, welches Signal VW damit an seine anderen Kunden, zum Beispiel in Deutschland, sendet.
Doch der Vergleich ist nicht das Ende, er ist erst der Anfang für einen Neustart in den USA. VW hatte mal ein gutes Image in Amerika. Der Käfer, der VW-Bus haben Kultstaus in der 68er-Generation. Doch dann haben die Wolfsburger den Trend der billigen SUV verschlafen. Die Manager in Deutschland verstanden lange nicht, warum der amerikanische Autofahrer einen Halter für seinen Kaffee braucht. Da servierte man in Deutschland noch Kännchen. VW schickte nicht die Besten in den größten Automarkt der Welt. Die Amerikaner wurden nicht ernst genommen, nicht als Autofahrer und nicht als Umweltschützer. Das haben sie jetzt zurückgezahlt.
Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit
Noch ein Wort als Kunde. Mir geht diese Abgasdiskussion gehörig auf die Nerven. Ich halte sie für unehrlich. Die Politik schreibt Werte vor, die die Autohersteller offenbar nicht einhalten können oder wollen. Dafür versuchen sie dann mit allen Tricks uns irgendwelche Verbrauchswerte vorzumachen, die wir gerne glauben, obwohl wir wissen, dass sie falsch sind. Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit. Setzt Standards, die realistisch sind. Autoindustrie und Umweltbehörde sind keine Gegner, sondern Partner mit einem Ziel: gemeinsam für saubere Luft zu sorgen, die beide ja gemeinsam einatmen.
Mit dem jetzigen Angebot sind noch nicht alle Klagen vom Tisch. Porsche- und Audifahrer müssen noch entschädigt werden, die strafrechtlichen Ermittlungen laufen noch. Insider gehen davon aus, dass VW insgesamt bei 20 Milliarden Dollar landen wird. Das ist ziemlich exakt die Summe, die BP für die Deepwater-Horizon Katastrophe gezahlt hat. Damals starben elf Menschen; wochenlang floss sichtbar Öl ins Meer. Ist der Preis also für VW zu hoch? Sie haben gezockt und verloren. Am Ende wird niemand genau sagen können, welchen Schaden die VW-Autos angerichtet haben, die 40 Mal mehr Stickoxide in die Luft schleudern, als angeben. Aber eines haben die Amerikaner ganz klar gemacht: Betrügt uns nicht, sonst wird es teuer.