Stand: 16.04.2025 12:00 Uhr

Schacht Konrad: Vom Eisenerz-Bergwerk zum Endlager-Standort

Das Schachtgelände Konrad 1 in Salzgitter von oben betrachtet. © BGE Foto: Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH
Das frühere Bergwerk Schacht Konrad in Salzgitter ist als Standort für ein Atommüll-Endlager vorgesehen.

Seit Jahrzehnten gibt es Streit über ein mögliches Endlager für schwach - und mittelradioaktive Abfälle in Niedersachsen. Als Standort ist das stillgelegte Eisenerz-Bergwerk Schacht Konrad in Salzgitter vorgesehen. Es wäre das erste dieser Art in Deutschland. 1982 begann das Genehmigungsverfahren, 2002 erfolgte die Genehmigung. Der Ausbau zum Endlager läuft. Eigentlich sollte die Anlage schon 2013 in Betrieb genommen werden. Inzwischen heißt es, der erste Atommüll solle "Anfang der 2030-er Jahre" eingelagert werden. Der Protest gegen das Endlager hält bis heute an. Eine Chronologie.

1933: Die Erzlagerstätte in Salzgitter wird bei der Suche nach Erdöl entdeckt. Der Zweite Weltkrieg unterbricht die in den 1940er-Jahren begonnene Erkundung des Erzlagers. Sie wird erst in den 1950er-Jahren abgeschlossen.

1957: Der Bau des Bergwerks beginnt im Herbst 1957. Schacht Konrad 1 erreicht zu Beginn des Jahres 1960 seine endgültige Tiefe von 1.232 Metern. Der Bau von Schacht Konrad 2 beginnt anschließend rund 1,8 Kilometer entfernt. Benannt werden die beiden Schächte nach Konrad Ende, dem früheren Aufsichtsrat des damaligen Eigentümers: der Salzgitter AG.

1964: Der eigentliche Erzbergbau startet Anfang des Jahres 1964.

1976: Nach gut zwölf Jahren wird der Abbau im September 1976 eingestellt, da er sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Das Erz aus Niedersachsen ist auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig. Insgesamt sind auf der Schachtanlage Konrad 6,7 Millionen Tonnen Eisenerz abgebaut worden. Diese Menge macht nur 0,5 Prozent des gesamten Vorkommens in dieser Lagerstätte aus.

1976 bis 1982: Die Schachtanlage wird auf ihre Eignung als mögliches Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle untersucht. Die Planungen für ein Endlager beginnen, nachdem die Ergebnisse der Untersuchungen für die Eignung sprechen.

1981/1982: Bei der Schachtanlage kommt es zu mehreren Demonstrationen von Gegnern der Endlager-Pläne.

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1982: Der Bund stellt beim Land Niedersachsen den Antrag auf die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für ein Endlager für Atommüll.

1987: Die Schachtanlage geht in den Besitz des Bundes über. Zuvor gehörte sie den Stahlwerken Peine-Salzgitter AG, einem Zusammenschluss der Salzgitter AG und dem Hüttenwerk Ilseder Hütte.

1991-1993: Gegen die Pläne für das Endlager gehen beim Niedersächsischen Umweltministerium rund 290.000 Einwendungen ein. Ein Konvoi von 54 Traktoren hatte 250.000 Einwendungen direkt im Ministerium in Hannover abgeliefert. Im September 1992 beginnt der dazugehörige Erörterungstermin in Salzgitter-Lebenstedt. Er endet im März 1993 nach insgesamt 75 Verhandlungstagen.

2000-2002: Die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und die Energiekonzerne beschließen den Ausstieg aus der Atomenergie. Sie legen fest, dass für Schacht Konrad das Genehmigungsverfahren "nach den gesetzlichen Bestimmungen" abgeschlossen werden soll.

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2002: Die Genehmigung für Schacht Konrad wird erteilt. Die SPD-geführte niedersächsische Landesregierung unter Ministerpräsident Sigmar Gabriel stimmt dem Planfeststellungsbescheid zu. Vorgesehen ist die Entsorgung von schwach- und mittelradioaktivem Müll. Die Menge wird auf rund 300.000 Kubikmeter begrenzt. Drei Kommunen und zwei Landwirte klagen daraufhin beim Oberverwaltungsgericht.

2006: Das Lüneburger Oberverwaltungsgericht weist die Klage ab. Doch einige Kläger wenden sich an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

2007: Das Bundesverwaltungsgericht weist die Klage ab und gibt so grünes Licht für den Bau des Endlagers. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erhält daraufhin vom Bundesumweltministerium den Auftrag, mit dem Ausbau von Schacht Konrad zum Endlager zu beginnen. Das BfS rechnet damit, dass der erste Atommüll im Jahr 2013 eingelagert werden kann.

2008: Die Stadt Salzgitter scheitert mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Einlagerung des Atommülls.

2009: Das Bundesverfassungsgericht weist die Beschwerde eines Landwirts ab und macht so den Weg für das Endlager endgültig frei. Die Bauarbeiten zum Umbau des Bergwerks zu einem Endlager beginnen.

2010: Die Schachtanlage Asse II bei Wolfenbüttel, rund 20 Kilometer entfernt vom Schacht Konrad, ist marode und baufällig. Sie soll alsbald geschlossen werden. Doch zuvor sollen die 126.000 Fässer mit Atommüll aus dem Schacht herausgeholt werden. Das BfS spricht sich dafür aus, den radioaktiven Abfall im künftigen Endlager Schacht Konrad unterzubringen.

2011: Die Stadt Salzgitter einigt sich mit dem Land Niedersachsen und dem Bund auf einen Fond in Höhe von 100 Millionen Euro. Damit sollen Kommunen entschädigt werden, die gegen die Genehmigung geklagt haben und Nachteile von der Errichtung des Endlager befürchten.

2012: Wasser dringt in den Schacht Konrad ein - nach Experten-Angaben sogar mehr als in die Wolfenbüttler Asse.

2013: Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) gibt bekannt, dass sich die Inbetriebnahme des Endlagers wegen zusätzlicher Sanierungsaufwände bis 2021 verzögern könnte.

Herbst 2014: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) geht davon aus, dass sich die Inbetriebnahme des Lagers um ein weiteres Jahr auf 2022 hinauszögern wird. Das Bundesamt für Strahlenschutz teilt mit, die Einrichtung des Lagers werde insgesamt mindestens 2,9 Milliarden Euro kosten. Ursprünglich waren 900 Millionen für das Projekt vorgesehen.

November 2014: Der Bund teilt mit: In Deutschland muss voraussichtlich doppelt so viel Atommüll entsorgt werden wie geplant - statt rund 300.000 nun bis zu 600.000 Kubikmeter. Zusätzliche Atommüll-Mengen ergeben sich aus der Urananreicherung und der Räumung des maroden Salzbergwerks Asse II. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) warnt davor, deshalb das geplante Endlager Schacht Konrad zu erweitern.

2015: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) stellt in Berlin das sogenannte Nationale Entsorgungsprogramm vor. Demnach soll Schacht Konrad möglichst nicht erweitert werden. Es soll bei den beschlossenen 300.000 Kubikmetern bleiben.

2017: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wird neuer Betreiber des zukünftigen Endlagers. Dies geschieht im Rahmen der Neustrukturierung im Endlager-Bereich.

2018: Die BGE gibt bekannt, dass sich die Fertigstellung des Endlagers Konrad verzögert. Nun wird damit gerechnet, dass die Bauarbeiten im ersten Halbjahr 2027 enden. Die Gesamtkosten sollen sich auf ca. 4,2 Milliarden Euro belaufen.

2023: Die BGE teilt mit, dass das Endlager Konrad nicht wie geplant 2027 fertiggestellt werden wird. Nach aktualisierter Zeit- und Risiko-Abschätzung wird als neues Datum nun Ende 2029 genannt. Zudem werden die Gesamtkosten inzwischen auf 5,5 Milliarden Euro geschätzt.

2024: Im Oktober 2024 reichen die Umweltverbände BUND und NABU Klage ein. Sie wollen eine Rücknahme der Genehmigung für das geplante Endlager juristisch erzwingen.

2025: Die BGE teilt mit, dass der erste Atommüll "Anfang der 2030er-Jahre" im Schacht Konrad eingelagert werden soll. Experten äußern Zweifel daran, ob das Endlager überhaupt jemals in Betrieb genommen werden kann.

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NDR Info | NDR Info | 16.04.2025 | 15:00 Uhr

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