Ex-Pro-Bahn-Chef: "Politik hat die Deutsche Bahn verrotten lassen"
Die Bahn hat einen Milliardenverlust eingefahren. Gleichzeitig kämpft sie mit Personalmangel, Zugausfällen und unzufriedenen Kunden. Für Karl-Peter Naumann, Ex-Chef vom Fahrgastverband Pro Bahn liegen die Gründe auf der Hand.
"Die Politik hat die Bahn über Jahrzehnte stiefmütterlich behandelt", sagte Naumann am Freitag auf NDR Info. Der angekündigte massive Stellenabbau sei daher eine logische Folge. "Wenn man nicht genügend investiert, wenn man die Anlagen verrotten lässt, dann darf man sich nicht wundern, dass wir zu diesem Zustand kommen", sagte der Ehrenpräsident des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Auch im Konzern selbst seien Fehler gemacht worden, "aber das sind letztendlich Angestellte des Bundes – und wenn es mit den Angestellten nicht funktioniert, muss der Eigentümer handeln".
Neumann sieht vor allem drei drängende Probleme: eine zu alte Infrastruktur, eine zu störanfällige Technik und eine mangelhafte Kommunikation im Fall von Zugausfällen und -verspätungen. Auch fehle es an Wartungspersonal. "Wir erleben es in Hamburg immer wieder, dass gerade Fernzüge verspätet bereitgestellt werden oder nur unvollständig gereinigt sind oder mit defekten Toiletten auf die Reise gehen", so Naumann.
Sanierung der Strecke Hamburg-Lübeck könnte problematisch werden
Die bereits angelaufenen Generalsanierungen des Schienennetze bezeichnete Naumann als einen "richtigen Ansatz", auch wenn diese mit monatelangen Sperrungen einzelner Strecken verbunden seien. Entscheidend für ihn aber ist, dass es mögliche Umleitungsstrecken gibt. "Bei der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim ist das kein Problem. Wenn man aber hier im Norden die Strecke Hamburg-Lübeck sanieren will, dann gibt es eigentlich keine richtigen Umleitungsstrecken, und da wird es dann sehr viel problematischer."
Steigende Ticketpreise sind "schwer zu vermitteln"
Naumann rechnet trotz allem mit weiter steigenden Ticketpreisen, weil die Deutsche Bahn vereinbarte Gehaltssteigerungen für ihre Mitarbeitenden bezahlen müsse. "Das gönnen wir auch den Bahnmitarbeitern, weil sie einen schweren Job machen", so Naumann, aber den Fahrgästen, die von häufigen Zugverspätungen und -ausfällen betroffen seien, sei das nur schwer zu vermitteln. "Hier muss eben auch die Politik erklärend eingreifen und die Verantwortung für die Fehler der Vergangenheit übernehmen."