Northvolt bei Förderzusage wohl noch weit von Serienreife entfernt
Als Northvolt die Förderzusage von Bund und Land Schleswig-Holstein für eine Giga-Fabrik in Heide bekommen hat, konnte der schwedische Batteriehersteller offenbar erst seriennahe Prototypen an die Kunden ausliefern. Eine Produktion im großen Maßstab war nach einem Gutachten noch in weiter Ferne.
Nach Recherchen des NDR gibt es neue Details aus dem als geheim eingestuften Gutachten der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Dieses war im Vorfeld der Förderzusagen für das Northvolt-Batteriewerk in Heide von der Bundesregierung in Auftrag gegeben worden. Wie der NDR aus einer Quelle, die Einblick in das Gutachten nehmen konnte, erfahren hat, war Northvolt zum Zeitpunkt der Förderentscheidung noch weit entfernt von einer Serienproduktion von Batterien.
Gutachter: Anfang 2023 lieferte Northvolt nur seriennahe Prototypen aus
Das Unternehmen habe Anfang 2023 zwar wichtige Meilensteine bei der Batteriefertigung erreicht, allerdings hielten die Gutachter nach Informationen des NDR fest, dass Northvolt zum damaligen Zeitpunkt nur seriennahe Prototypen an die Kunden ausgeliefert hat. Für den gesamten Hochlauf der Produktion seien in dem Gutachten drei bis vier Jahre als realistisch eingeschätzt worden. Die Recherchen decken sich mit einer Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima auf eine Presseanfrage des NDR. Das Gutachten war am 5. Dezember 2024 auf Grundlage des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes von der Bundesregierung als "VS-Vertraulich" eingestuft worden. Dies ist der dritthöchste Grad der Geheimhaltung nach "Streng geheim" und "Geheim".
Landesregierung in Kiel für Offenlegung des Gutachtens in zentralen Teilen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) hatte am vergangenen Wochenende im Interview mit dem NDR darauf hingewiesen, dass sich in dem Papier Unternehmensinformationen befänden, die nur unter strikter Vertraulichkeit herausgegeben worden seien. "Wenn wir damit brechen, werden wir Informationen von anderen Unternehmen künftig nicht mehr erhalten", so Habeck. Nach Informationen des NDR setzt sich mittlerweile die von der CDU geführte Landesregierung in Kiel für eine Offenlegung zumindest von zentralen Teilen des Gutachtens ein und hat Northvolt um eine Entbindung von der zugesicherten Vertraulichkeit gebeten. Eine Antwort des schwedischen Unternehmens steht aber offenbar noch aus. Ministerpräsident Daniel Günther hatte zuletzt im Interview mit dem NDR darauf verwiesen, es sei eine Entscheidung des Bundes gewesen, das Gutachten als vertrauliche Verschlusssache einzustufen.
Schleswig-Holsteins FDP fordert öffentliche Diskussion des Gutachtens
Auch die FDP im Kieler Landtag hat eine Offenlegung des Gutachtens gefordert. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion und frühere Wirtschaftsminister Bernd Buchholz sagte dem NDR, das Unternehmen müsse derzeit im Insolvenzverfahren vor einem US-Gericht "über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse komplett die Hosen runterlassen". Dass vor diesem Hintergrund das Gutachten aus dem Jahr 2023 nicht öffentlich diskutiert werden dürfe, hält Buchholz für "schwer nachvollziehbar".
PwC-Gutachten als Basis für Förderentscheid von Bund und Land
PwC hat das rund 100 Seiten starke Gutachten im Sommer 2023 vorgelegt. Neben einer betriebswirtschaftlichen Prüfung hatte das Gutachten auch eine wissenschaftlich-fachliche Bewertung des Unternehmens und seiner Produktionsvorhaben zum Ziel. Das Gutachten von PwC bildete eine wichtige Grundlage für die Entscheidung von Bund und Land, den Bau einer Batteriefabrik in Heide im Rahmen eines Zuweisungsgeschäfts des Bundes mit einem KfW-Kredit in Höhe von 600 Millionen Euro zu unterstützen und weitere 700 Millionen Euro Förderung in Aussicht zu stellen. Das schwedische Unternehmen befindet sich seit November 2024 in einem Insolvenzverfahren nach Chapter 11 vor einem US-Gericht. Aussagen über die Zahl der derzeit im Stammwerk von Northvolt in Schweden produzierten Batterien machte das Unternehmen gegenüber dem NDR nicht.
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