Norddeutsche Unternehmen wollen ins Schiffsrecycling einsteigen
Zwei Unternehmen aus Norddeutschland planen, Schiffe zu recyclen. Bislang wurde dieses Geschäft überwiegend in Ländern wie Indien und Bangladesch abgewickelt - unter Umgehung von Umweltschutz- und Arbeitnehmerschutz-Aspekten.
Bei den beiden Unternehmen handelt es sich um die Firma Leviathan aus Bremen, die auf der Stralsunder Volkswerft eine Anlage für emissionsarmes Schiffsrecycling in Betrieb nehmen will, sowie das Unternehmen Werft und Dock GmbH aus Emden (EWD), die in den Rückbau vor allem kleinerer Schiffe - Fähren, Binnen- oder Küstenmotorschiffe - einsteigen möchte. Derzeit warten beide Firmen noch auf die nötigen Genehmigungen, um mit dem Schiffsrecycling zu beginnen.
In Deutschland hätten Leviathan und EWD damit eine Vorreiter-Rolle. Europaweit gibt es bereits rund 30 zugelassene Recycling-Werften, die meisten davon in der Türkei.
"Hongkong-Konvention": Strengere Regeln für Umweltschutz
Dass die beiden Unternehmen in den Wettbewerb um Schiffsrecycling einsteigen wollen, liegt unter anderem an einer neuen Regelung der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), die Mitte 2025 in Kraft treten soll. Darin sind verbindliche Regeln für das sichere und umweltgerechte Schiffsrecycling festgelegt, die auch von Ländern wie Bangladesh, Pakistan oder Indien ratifiziert wurde. Die sogenannte Hongkong-Kovention könnte den Wettbewerb insofern verändern, als dass sich künftig auch asiatische Abwrack-Firmen an die gleichen Bedingungen halten müssen wie Unternehmen in Europa.
Politik will Hürden für Schiffsrecycler reduzieren
In ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung die Förderung von Schiffsrecycling in Deutschland als Zielvorgabe genannt. Auch die Küstenländer haben ein Interesse daran und wollen Hürden im Genehmigungsverfahren beseitigen. In einem Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen im niedersächsischen Landtag vom März 2024 wird angeregt zu prüfen, "wie solche Verfahren vereinfacht respektive beschleunigt werden können". Der Rostocker IHK-Präsident Klaus-Jürgen Strupp setzt auf ganz Norddeutschland: Aufgrund der vorhandenen maritimen Infrastruktur sei der Norden prädestiniert, eine Vorreiter-Rolle für Schiffsrecycling einzunehmen.
Recycling wird immer wichtiger
Der Markt für Schiffsrecycling dürfte künftig größer werden. Denn weltweit benötigen die Reedereien immer mehr neue, umweltfreundlichere Schiffe. Deshalb gehen Experten davon aus, dass das Recycling an Bedeutung gewinnen wird. Werden derzeit weltweit etwa 700 Hochsee-Schiffe pro Jahr abgewrackt, so rechnet der internationale Schifffahrtsverband Bimco damit, dass in den kommenden zehn Jahren mehr als 15.000 Schiffe recycelt werden müssen.
Rohstoffe können wiederverwertet werden
Der beim Schiffsrecycling gewonnene Schrott ist ein zentraler Rohstoff für die Stahlproduktion. Allein in Bangladesch können etwa 80 Prozent des im Land benötigten Stahls über das Schiffsrecycling gedeckt werden. Auch in Deutschland haben die Stahl-Unternehmen ein großes Interesse an Altstahl: Sie könnten den Schrott auf ihrem Weg zu mehr Klimaneutralität nutzen. Das Schmelzen von Schrott benötigt viel weniger Energie als die Stahlerzeugung aus Erz. Aber nicht nur der gewonnene Stahl ist interessant: Nach Angaben der IMO können fast alle Materialien und Geräte wiederverwertet werden.