Nach Ampel-Aus: Wie ist die Stimmung an der FDP-Basis?
Deutschlands erste Ampel-Koalition auf Bundesebene ist Geschichte. Im Kreis Herzogtum-Lauenburg möchte sich die FDP-Basis jetzt für Neuwahlen gut aufstellen. Doch was genau braucht die Partei jetzt?
Donnerstagabend im Burgtheater in Ratzeburg: Hier treffen sich die Freien Demokraten aus dem Herzogtum-Lauenburg. Nach dem Bruch der Ampel wollen sich einige der FDP-Mitglieder austauschen: So auch der stellvertretende Kreisvorsitzende Felix Heitmann: "Ich war immer ein Freund und Anhänger dieser Regierung. Ich hätte mir gewünscht, dass man sie zu Ende führt."
In den nun bevorstehenden Neuwahlen sieht der 38-Jährige zwar Chancen, aber auch eine Liste an Hausaufgaben für die eigene Partei. Sie müsse sich jetzt programmatisch neu aufstellen, und schauen, wofür die Liberalen stehen wollen. "Wir haben jetzt Vorschläge für die Wirtschaftspolitik gehört. Ich bin mir sicher, dass das für eine Bundestagswahlkampf-Kampagne erweitert werden muss."
Zustimmung für Einhaltung der Schuldenbremse
Sein Parteifreund Tim-Jeremey Frischmann lobt, dass Parteichef Christian Lindner beim Thema Schuldenbremse eine rote Linie gezogen hat. Seiner Meinung nach sei es nicht verhandelbar, dass die FDP da auch "nur ein Stück" nachgebe. "Wenn wir das machen, dann haben wir irgendwann Schulden, die meine Enkel bezahlen sollen und die nicht bezahlbar werden." Frischmann findet, dass Linder alles richtig gemacht habe.
Auf die Frage zum "Wie weiter?" sagt der 24-jährige Fachinformatiker, dass er es gut gefunden hätte, wenn die drei Koalitionspartner sich darauf hätten einigen können, jetzt die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen und damit so schnell wie möglich den Weg für Neuwahlen freizumachen. "Warum das Ganze noch in die Länge ziehen?", so Frischmann.
"Lindner spricht nicht mehr die breite Öffentlichkeit an"
Deutlich kritischer fällt das Urteil von Eberhard Schmidt aus. Der 74-Jährige ist seit 2001 Mitglied bei den Liberalen, doch zunehmend unzufrieden: "Lindner hat es nicht geschafft, diese bescheuerten zehn Prozent zu kriegen. Die hatten wir mal, aber nach und nach sind die immer weg." Das liegt dem Rentner zufolge vor allem daran, dass Lindner nicht mehr die breite Öffentlichkeit angesprochen habe. Der Partei-Vorsitzende mache in seinen Augen nur Politik für ein bestimmtes Klientel, dass nur einen kleinen Teil der FDP-Wähler ausmache. "Diese Neureichen, die ein bisschen mehr Geld haben als die anderen, aber nicht so viel, um das auf den Cayman Islands anzulegen." Er wünscht sich eine andere Führung für die Partei, eine Persönlichkeit, die mit jedem vernünftig auf Augenhöhe reden könne.
Selbstkritik bei Olaf Scholz vermisst
Das sieht der FDP-Ortsvorsitzende Nicolas Reuß anders. Für ihn ist Lindner genau der richtige Mann. Er habe konsequent und nachvollziehbar gehandelt, meint der 26-Jährige. Seine Kritik adressiert er in die Richtung von Olaf Scholz: "Ich habe Selbstkritik in seiner Rede vermisst. Es wirkte für mich schon so, dass man jetzt alles auf die FDP schiebt und sich als großer Retter darstellt." Er habe schon lange auf das Ampel-Aus gewartet, aber sei von dem schnellen Ende überrascht worden.
Wissings Sonderweg ist kein großes Thema
Dass in Folge der Ereignisse Bundesverkehrsminister Volker Wissing seinen Parteiaustritt erklärt hat, ist an diesem Abend fast kein Thema. Ortsvorsitzender Reuß zeigt auf Nachfrage aber Verständnis, weil Wissing als "Spin-Doctor" - also eine Art Stratege im Hintergrund - der Ampelregierung gelte. In Ratzeburg wollen sich die Mitglieder lieber auf den Wahlkampf konzentrieren. Der habe schließlich bereits begonnen und da sei es jetzt besonders wichtig, als Einheit aufzutreten.