Lebenshaltungskosten: Hamburg im Norden am teuersten
Aktuelle Daten zeigen, dass die Lebenshaltungskosten im norddeutschen Vergleich in Hamburg am höchsten sind - und wo in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern es sich vergleichsweise günstig lebt.
Zahlreiche Arbeitsplätze, ein reiches Kulturangebot, vielfältige Einkaufsmöglichkeiten: Hamburg ist zum Leben für viele Menschen attraktiv - und damit auch kostspielig. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt: Hamburg ist tatsächlich der teuerste Ort in Norddeutschland, und zwar mit deutlichem Abstand. Waren, Dienstleistungen, aber auch Wohnkosten: Die Forschenden haben mit diversen Kostenfaktoren des alltäglichen Lebens einen regionalen Preisindex berechnet.
Lebenshaltungskosten: Landkarte zeigt Unterschiede
Der Index zeigt, wie teuer das Leben in allen 400 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland ist - im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, der in dieser Betrachtung 100 Prozent entspricht.
Die Daten dafür haben die Forscherinnen und Forscher von verschiedenen Internetseiten gesammelt, zum Beispiel von Supermärkten oder Vergleichsportalen für Strom- und Spritpreise. Der daraus errechnete Preisindex bildet die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für das vergangene Jahr 2022 ab - ein Jahr, das besonders durch den russischen Angriffskrieg, gestiegene Energiekosten und eine insgesamt hohe Inflation geprägt war.
Mehr als elf Prozent teurer ist das Leben in Hamburg im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt. Mit ihren hohen Lebenshaltungskosten steht die Hansestadt exemplarisch für bundesweite Beobachtungen der Forscher. "Wir sehen bei Hamburg in der Tat ein ähnliches Muster wie in anderen Metropolregionen Deutschlands, wie zum Beispiel um Berlin oder München herum", sagt Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft. Er stellt fest: "Wir sehen auch die Abstrahleffekte von Hamburg. Zum Beispiel, dass die umliegenden Kreise Pinneberg oder Stormarn fünf Prozent teurer sind als der Bundesdurchschnitt."
Hamburger Speckgürtel teurer als viele Großstädte
Ein Blick auf die Karte macht diesen Effekt deutlich: Nach der Großstadt Hamburg sind ihre Umlandkreise Pinneberg, Stormarn und Harburg die teuersten Kreise im gesamten Norden - teurer als alle anderen Großstädte wie Hannover, Kiel, Bremen oder Rostock. "Und selbst der Landkreis Segeberg, der ja nur mit einem Zipfel noch an Hamburg grenzt, liegt über den durchschnittlichen Preisen in Deutschland", sagt Wirtschaftswissenschaftler Schröder.
Ganz anders sieht es im Kreis Lüchow-Dannenberg in Ostniedersachsen aus: Dort liegen die Kosten mit 91,1 Prozent knapp zehn Prozentpunkte unter dem bundesweiten Durchschnitt - das Leben dort ist also vergleichsweise günstig. Auch in Südniedersachsen müssen Menschen deutlich weniger für ihre tägliche Ausgaben zahlen: In den Kreisen Holzminden, Northeim und Goslar liegen die Lebenshaltungskosten in einem ähnlich niedrigen Bereich.
Eine große Spanne zeigt sich auch in Mecklenburg-Vorpommern: Die Kreise an der Ostsee sind teurer als im Binnenland. "Die Küste scheint die Seen zu schlagen", sagt Forscher Schröder.
Jeder fünfte norddeutsche Kreis teurer als der Bundesschnitt
In rund 20 Prozent der norddeutschen Kreise und kreisfreien Städte ist das Leben insgesamt teurer als im Bundesschnitt. Neben Hamburg und dessen Umland sind es vor allem die anderen Großstädte: In Hannover, Bremen, Wolfsburg und Kiel sind die Lebenshaltungskosten höher. Anders als in Rostock: Die größte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern ist mit ihren rund 200.000 Einwohnern zwar ebenfalls eine Großstadt, ist aber im Vergleich zu ähnlich großen Städten im Norden günstiger.
Lebenshaltungskosten: Braunschweig genau im Durchschnitt
Genau im Bundesschnitt liegt bei den Lebenshaltungskosten die Stadt Braunschweig. "Das passt", meint Ökonom Schröder. "Die Stadt liegt relativ nah an Hannover, aber auch nicht ganz nah. Sie ist eine mittelgroße Stadt, hat von daher natürlich auch Einkaufsmöglichkeiten und Kultur." Auch mit seiner Nähe zu Wolfsburg sei Braunschweig attraktiv, da die Arbeitsplätze bei Volkswagen gut zu erreichen wären. "Braunschweig ist in Vielem zwischen den Extremen angesiedelt", bilanziert der Ökonom. Man könnte auch sagen: eine größere Stadt mit guter Wohnqualität, die jedoch nicht so attraktiv und überlaufen ist wie die großen Metropolen.
Der größte Faktor: Hohe Wohnkosten
Doch ob Durchschnitt, Spitzenreiter oder letzter Platz - wo es sich in Deutschland teuer oder günstig lebt, hängt vor allem von einem Faktor ab: "Wenn man den gesamten Preisindex anschaut, wird der ganz klar vom Wohnen dominiert", erklärt Wirtschaftswissenschaftler Schröder. Wie stark die Kosten für das Wohnen das Niveau der regionalen Preise prägt, zeigt ein Blick auf die jeweilige Spanne zwischen dem teuersten und günstigsten Kreis.
Das Diagramm macht deutlich, wie sehr sich diese Spanne unterscheidet: Blickt man nur auf die Kosten für das tägliche Leben - ohne die Kosten des Wohnens -, sind die Disparitäten vergleichsweise klein. So liegen zwischen dem teuersten Ort, Hamburg, und dem günstigsten Kreis, Leer, nur rund drei Prozentpunkte. Bei den Wohnkosten hingegen gehen die Zahlen deutlich weiter auseinander: In Hamburg mit seinem teurem Wohnungsmarkt zahlt man im Schnitt pro Quadratmeter fast doppelt so viel für das Wohnen wie im Kreis Holzminden in Südniedersachsen.
Steigende Kosten fürs Wohnen bei starker Nachfrage
Die Daten lassen also nicht nur Rückschlüsse auf die Lebenshaltungskosten zu, sondern auch auf die Nachfrage nach Wohnraum. "Überspitzt kann man unsere Studie auch als einen Attraktivitätsgradmesser für die Wohnlage lesen", meint Experte Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft. Denn klar ist: Wo die Nachfrage hoch ist, steigt der Preis.
Blickt man auf den Rest von Deutschland, zeigt sich deutlich: Die Stadt München scheint extrem nachgefragt zu sein, denn sie ist bundesweit mit Abstand am teuersten. Ein Viertel (25,1 Prozent) mehr kostet das Leben dort im Vergleich zum Bundesschnitt.
Ob Hamburg, Berlin oder München: Metropolregionen sind am teuersten
Und ähnlich wie bei Hamburg hat auch hier die Großstadt einen Effekt auf die umliegenden Kreise: Das Münchener Umland - konkret die angrenzenden Landkreise München, Starnberg, Fürstenfeldbruck, Dachau sowie der Landkreis Ebersberg - weist beim regionalen Preisindex ebenfalls sehr hohe Werte auf.
Dass das Wohnen mittlerweile einen sehr großen Anteil an den Lebenshaltungskosten hat, zeigen auch Zahlen des Statistischen Bundesamts: Den größten Teil ihres Konsumbudgets, nämlich fast 37 Prozent, gaben private Haushalte im Jahr 2021 für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung aus. Bei Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren und Ähnlichem sind es hingegen nur 15 Prozent.
Trotz der teils hohen Wohnkosten in verschiedenen Regionen Deutschlands ziehen die Forschenden des Instituts der deutschen Wirtschaft insgesamt eine positive Bilanz. "Ein wichtiges Ergebnis ist, dass die Preise Einkommensunterschiede zwischen den Regionen ein Stück weit ausgleichen", schreiben sie. Dies trüge dazu bei, dass die Lebensverhältnisse in Deutschland nicht stärker auseinanderdrifteten.