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Ladestationen: So löchrig ist das Netz für Elektroautos

Stand: 09.08.2023 14:14 Uhr

Der Ausbau der Ladestationen für E-Autos geht auch in den nördlichen Bundesländern eher schleppend voran. Wie es in Ihrer Stadt oder Ihrem Kreis aussieht, zeigen unsere interaktiven Karten.

von Patrick Reichelt, Bastian Kießling

Das Ziel ist klar: Bis 2030 soll es laut Bundesregierung in Deutschland eine Million öffentliche Ladepunkte geben. Auf die Fläche von Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern gerechnet, wären das knapp 250.000.

Diese Ladestationen gibt es in Ihrem Bundesland

Davon ist der Norden aber noch ein gutes Stück entfernt, wie aktuelle Daten des Karten- und Navigationsherstellers Here Technologies zeigen. Nur rund 20.900 Ladepunkte gibt es aktuell - bei gut 190.000 zugelassenen Elektroautos. "Wenn die Ladepunkte so langsam wachsen, wie bisher, ist das Ziel der Bundesregierung nicht realistisch", sagt Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg.

Ein dichtes Ladenetz wird vor allem in den Städten gebraucht, denn dort gibt es oft nicht die Möglichkeit, eine eigene Ladestation vor der Haustür zu installieren. Gleichzeitig fahren durch Großstädte wie Kiel, Hamburg oder Braunschweig im Vergleich bereits relativ viele reine Elektroautos. Die Ladeinfrastruktur ist in den Städten aber sehr unterschiedlich ausgebaut. Kommen in Kiel auf einen öffentlichen Ladepunkt sechs Elektroautos und in Hamburg knapp acht, müssen sich in Braunschweig 24 E-Autos einen Ladepunkt teilen.

Am besten ist die Versorgung derzeit in Salzgitter, Emden und Neumünster. Im Mittel liegt der Wert im Norden bei knapp zehn Elektroautos pro Ladepunkt. Zählt man noch die Plug-in-Hybride hinzu, die ebenso aufgeladen werden müssen, kommt man auf einen Mittelwert von 16. Das heißt aber nicht zwingend, dass in Städten besonders viele ein eigenes E-Autos besitzen. Denn in Städten mit großen Unternehmen sind sehr viele Elektroautos und Hybridfahrzeuge auf Firmen zugelassen. Außerdem schneiden bei der Gegenüberstellung von Ladesäulen und E-Autos auch die Regionen gut ab, in denen es nur sehr wenige E-Autos gibt.

Porträtbild von Prof. Dr. Helena Wisbert. © Center of Automotive Research/Ostfalia Hochschule Wolfsburg
AUDIO: Expertin: Öffentliche Ladestationen fehlen vor allem auf dem Land (7 Min)

Wenige E-Auto-Ladestationen auf dem Land

"Gerade auf dem Land gleicht das öffentliche Ladenetz noch einem Flickenteppich - hier sind die Menschen aber auch nicht so stark darauf angewiesen", sagt Automobilprofessorin Wisbert. In ländlichen Gebieten nutzen die Menschen eher die Möglichkeit, ihr Auto zu Hause zu laden, wie auch eine Umfrage vom Meinungsbarometer #NDRfragt ergab. Für diejenigen, die diese Möglichkeit nicht haben, ist die Situation schwierig. #NDRfragt-Teilnehmer Martin schreibt etwa: "Auf dem Land ist es schon Glück, wenn man eine Ladestation findet. Wenn sie dann nicht besetzt oder defekt ist, dann freut man sich richtig." Besonders in Mecklenburg-Vorpommern und Teilen von Niedersachsen fahren bislang nur sehr wenige Menschen elektrisch. Dort gibt es auch nur wenige Ladepunkte, die teilweise weit voneinander entfernt sind.

Für Menschen auf der Durchreise, die auf das öffentliche Ladenetz angewiesen sind, ist das ein Problem. "Ladestationen werden oft noch von einzelnen Kommunen oder Unternehmen zur Verfügung gestellt - es braucht aber eine flächendeckende Strategie", sagt Wisbert.

Ladepunkte pro 100 Kilometer Straße: Große Unterschiede

Wie gut gerade großflächige Landkreise mit Ladestationen ausgestattet sind, lässt sich anhand der Ladepunkte im Verhältnis zum Straßennetz vor Ort ablesen. Bei den Landkreisen führt hier die Region Hannover mit 30 Ladepunkten pro 100 Kilometern Straße, gefolgt von Pinneberg (19) und Stormarn (17). Die vier Kreise mit den schlechtesten Werten sind Lüchow-Dannenberg, Wittmund, Landkreis OIdenburg und Mecklenburgische Seenplatte. In Lüchow-Dannenberg kommen auf 100 Kilometer Straße nur drei Lademöglichkeiten, bei den anderen sind es jeweils vier. Im Mittel liegt der Wert im gesamten Norden bei 8,5.

Städte schneiden bei dieser Messgröße gut ab, da hier auf wenige Straßenkilometer relativ viele Ladestationen kommen. #NDRfragt-Teilnehmerin Roxane schreibt dazu: "Hamburg hat im Vergleich zu anderen Städten eine sehr gute Ladeinfrastruktur. Problematisch ist allerdings, dass Ladesäulen immer wieder durch Bauarbeiten oder Verbrennerfahrzeuge blockiert werden".

Gewinnt der Ausbau jetzt an Fahrt?

Für Autoexpertin Helena Wisbert stellt sich die Frage, ob am Ende die pauschale Zahl von einer Million Ladepunkten in Deutschland überhaupt ein sinnvolles Ziel ist. Wichtiger seien viele Schnellladepunkte. "Dort können deutlich mehr Autos in kürzerer Zeit aufgeladen werden." Derzeit sind aber erst 23 Prozent der Ladepunkte im Norden mit der Schnellladetechnik ausgerüstet.

Es gibt laut Wisbert aber Grund zur Hoffnung, dass der Ausbau nun an Fahrt gewinnt: "Für private Unternehmen wird es immer attraktiver, öffentliche Ladestationen zu errichten, denn sie können damit mittlerweile Geld verdienen."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 06.07.2023 | 06:00 Uhr

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