Kunst zu fairen Preisen für alle
Der Besuch einer Galerie erscheint vielen Menschen zu teuer und zu elitär. In Berlin soll es in Zukunft Auktionen mit erschwinglicher Kunst für alle geben. Den Auftakt gab es beim Kunstevent Lot 1.
Wer schon öfter umgezogen ist, weiß: Frische weiße Wände schreien nach neuer Deko. Und wie schön wäre es, wenn es nicht schon wieder bloß ein Kunstdruck wäre, irgendwo online geshoppt, sondern mal ein Original, ein Gemälde oder eine Fotografie. Zum Beispiel eine Fotografie von einem Weinglas, das umgefallen ist. Es läuft aber kein Wein raus, sondern grüne Erbsen und die ergießen sich dann in einem großen Salatblatt. So beschreibt eine Besucherin eines der Lots, die Kunstwerke, die auf der Empore der sonnendurchfluteten Berliner Werkstatthalle ausgestellt sind.
Eine Kunstauktion für alle
22 Künstlerinnen und Künstler bieten hier ihre Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und Illustrationen an. Das Event ist gut besucht, mit über 50 Gästen. Davon Freunde der Veranstalter, aber auch viele Interessierte. Eine Käuferin sagt: "Ich hätte nicht gedacht, dass ich irgendwas bezahlen kann, aber es war ein sehr niedrigschwelliges Gebot und deswegen dachte ich: Hey, ist doch cool sagen zu können, dass ich mal auf einer Auktion war und mir ein Bild gekauft habe. Ich habe es gewonnen, auch wenn ich Geld dafür bezahlt habe. Mit 63 Euro war ich knapp über meinem eigentlichen Limit."
Entspannt statt elitär
Zur Auswahl stehen Fotografien zwischen 60 und 300 Euro, gerahmte Zeichnungen und Skizzen für 70 Euro, oder auch mal ein größeres Gemälde für 500 Euro. Die teuersten Kunstwerke liegen bei 1.500 Euro. Elisabeth Henne, die Initiatorin von Lot 1, sagt: "Man kann mit den Künstler*innen ins Gespräch kommen und einfach ein Gebot abgeben. Das soll die Hemmungen abbauen und das wollen wir mit diesem Event schaffen." Die Besucher*innen sollen sich in einer netten und lockeren Atmosphäre wiederfinden. Und tatsächlich: Das etwas Steife, was man sonst so von Ausstellungen kennt, ist hier nicht zu spüren. Draußen locken Tische in der Sonne, drinnen entspannte Atmosphäre und 59 Lots.
Eine Fahrradklingel ersetzt den Hammer
Immer wenn eine Fahrradklingel in der Auktionshalle schrillt, gibt es ein neues Online-Gebot. Die Gebote können vorab online und auch noch vor Ort abgeben werden. Dennoch ist es keine klassische Versteigerung, erklärt Elisabeth Henne: "In der Versteigerergewerbeordnung steht, es dürfen keine Neuwaren verauktioniert werden. Das Verbot bestand schon immer. Uns war nur nicht klar, dass wir Neuware verauktionieren. An so vielen Stellen hätte das auffallen können." Erst in der Woche vor dem Event kam die niederschmetternde Nachricht. Jetzt wird die Kunst stattdessen online versteigert. Das ist möglich, da es sich hier um eine Grauzone handelt.
Mehr Sichtbarkeit für die Künstler*innen
Elisabeth Henne hat nach dem Studium einige Jahre in einem klassischen Auktionshaus gearbeitet: "Da wurde die Kunst von Einliefernden, von Galerien oder Privatpersonen ans Auktionshaus gegeben. Die versteigern das dann weiter, auch wieder an Privatpersonen oder Galerien. Aber die Künstler*innen haben davon finanziell nichts." Mitinitiator Vincent von Frankenberg erklärt, dass sei ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit: "So schafft man den Künstler*innen eine zusätzliche Einkommensquelle." Mindestens viermal im Jahr will Lot 1 Live-Auktionen anbieten, die keine sein dürfen, dafür aber ein sehr lebendiger Kunstort. Nur online und mit Klingel, statt mit Hammer. Elisabeth Henne hofft, dass ihnen das durch diese Hybridlösung gelungen ist: "Es kommt schon dieser Vibe auf, insofern sind wir ganz froh."