Kommentar: "Northvolt ist an seiner eigenen Hybris gescheitert"
Der Batteriehersteller Northvolt hat am Mittwoch in Schweden einen Insolvenzantrag gestellt. Die Warnsignale, dass es um das Unternehmen schon länger nicht gut stand, waren eigentlich nicht zu überhören.
Ein Kommentar von NDR Journalist Christian Stichler.
Manchmal ist eine Geschichte einfach zu schön, um wahr zu sein. Northvolt, der große Stern am Investoren-Himmel, der die grünsten Batterien der Welt verspricht, kommt nach Heide in Dithmarschen, mit einer kühnen Idee. Aus Windstrom klimafreundliche Batterien zu produzieren - für die Mobilität der Zukunft. Und damit Tausende von Jobs zu schaffen in einer Region, die man so gerne als strukturschwach bezeichnet.
Warnsignale waren nicht zu überhören
Diese Geschichte strahlt so hell, dass sie alle Kritiker in ihren Schatten stellt. Dabei waren die Warnsignale nicht zu überhören. Großaufträge, die storniert wurden, Fabrikeinheiten, die Northvolt schließen musste, Massenentlassungen, ein Insolvenzverfahren in den USA, das jede Woche mehrere Millionen verschlang.
Aber Northvolt verkündete stets: "Alles laufe nach Plan". Man "strukturiere um", "optimiere Prozesse", "verschiebe Prioritäten". Man "erziele Fortschritt", die Gespräche mit potenziellen Investoren "liefen vielversprechend" und so weiter.
Investoren müssen Milliarden abschreiben
Und jetzt das: der allerletzte Ausweg, bevor die Konzernführung in Stockholm für ausstehende Steuerzahlungen persönlich haftbar gemacht werden kann, der Gang vor den Konkursrichter. 5000 Mitarbeiter, die nicht wissen, wie lange sie noch einen Job haben. Hunderte von Firmen in Schweden, die auf ihr Geld warten. Darunter viele kleine Handwerksbetriebe. Investoren, die Milliarden abschreiben müssen.
Und was sagt Northvolt in Deutschland heute? Die deutsche Tochter sei eigenständig. Der Betrieb laufe weiter. Aber wer glaubt denn wirklich noch, dass Northvolt in Heide eine Batteriefirma errichtet, wenn in Schweden das Geschäft abgewickelt werden sollte?
Milliarden an Steuergeldern verbrannt
Schweden ist bekannt für seine Transparenz und Offenheit. Northvolt ist das Gegenteil davon. Dieser Konzern hat Milliarden an Investitionen und auch Steuergeldern verbrannt. Hat die Hoffnungen von Tausenden Menschen enttäuscht, die für einen neuen Job im Norden Europas ihre alte Heimat überall in der Welt verlassen haben? Wer keine neue Arbeit findet, muss nach drei Monaten das Land wieder verlassen. "Danke, dass Ihr an unsere Mission geglaubt habt", sagte heute der Interimschef von Northvolt. Alles weitere entscheide der Konkursverwalter.
Der große Stern im Norden ist erloschen
Dieses Unternehmen ist an seiner eigenen Hybris gescheitert - in Schweden und in Heide. Es braucht jetzt neue Akteurinnen und Akteure. Es braucht Pragmatismus, Offenheit und eine europäische Partnerschaft, um das Feld der Batterieproduktion nicht allein den Herstellern aus Asien und den USA zu überlassen. Nur dann kann vielleicht doch noch etwas aus einem Batteriewerk in Heide werden. Das sollte auch die Politik in Kiel und Berlin schnell begreifen.
Northvolt - der große Stern im Norden - ist mit dem heutigen Tag endgültig erloschen.
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