Geplante Mehrwertsteuererhöhung: Gastronomen warnen vor Pleitewelle
Der regnerische Sommer vermiest manchem Gastronomen im Norden das Geschäft. Viel schwerer wiegt aber die Sorge, dass die Mehrwertsteuer auf Speisen, die während der Corona-Pandemie abgesenkt wurde, 2024 wieder angehoben werden soll.
Insgesamt geht es dem Gastgewerbe im Vergleich zu den harten Pandemie-Zeiten wieder besser. So zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass der Umsatz im ersten Quartal 2023 gestiegen ist - und zwar inflationsbereinigt, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, um 15,2 Prozent. Das große "aber": Zum einen war das erste Quartal 2022 noch von Corona-Einschränkungen geprägt, also von erheblichen Umsatz-Einbußen. Und zum anderen bewegt sich das Jahr bei den Umsatzwerten immer noch klar unter "Vor-Corona-Niveau". Vergleicht man den jetzigen Umsatz mit dem im Frühjahr 2019, fehlen noch gut 14 Prozent.
Verbraucher geben weniger Geld für Restaurantbesuche aus
Die Verbraucherinnen und Verbraucher geben inzwischen deutlich weniger Geld für Restaurant- und Hotelbesuche aus als vor dem Ausbruch der Pandemie. Zusätzlich spielt auch die gestiegene Inflation eine Rolle - und das Homeoffice: Denn weiterhin arbeiten viel mehr Menschen zumindest tageweise im Home Office und gehen dann mittags nicht in den Innenstädten essen. Derzeit profitiert das Gastgewerbe allerdings auch noch von den positiven Auswirkungen der Pandemie. Für Speisen gilt seitdem, zum Schutz der Branche, ein niedrigerer Mehrwertsteuersatz. Nur sieben statt 19 Prozent. Diesen Satz hatte die Bundesregierung kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie gesenkt. Schließlich war das Gastgewerbe von den Corona-Schutzmaßnahmen wirtschaftlich besonders stark betroffen. Die Absenkung galt von Beginn an allerdings nur befristet - auch, wenn sie im Oktober 2022 noch einmal verlängert wurde.
Dehoga: 12.000 Schließungen drohen
Zum Jahresende soll der Mehrwertsteuersatz auf Speisen wieder auf 19 Prozent angehoben werden. Die Branche schlägt deshalb Alarm. Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga zeigt: Deutschlandweit würde 12.000 Restaurants, Imbissbuden und Cafés die Schließung drohen, wenn die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent angehoben werden würde. Der Verband warnt vor Preissteigerungen für die Kunden, vor sinkenden Umsätzen und vor weniger Jobs - und fordert eine dauerhafte Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Dieser Meinung ist auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Die Anhebung sei eine "Steuererhöhung zur Unzeit, unter der Konsumenten und Gastronomen leiden werden", so der Wirtschaftsexperte. Die Gastronomie habe sich immer noch nicht von den Krisen erholt.
Die Tourismuswirtschaft übt dagegen Kritik an den Dehoga-Forderungen, unter anderem der Verband unabhängiger selbstständiger Reisebüros. Dieser argumentiert: Die Pandemie sei vorbei, und die Restaurants hätten ihre Zusatzkosten längst auf die Preise aufgeschlagen.
Preissteigerungen sind zu erwarten
Wie viele Betriebe nach einer Mehrwehrtsteueranhebung wirklich schließen müssten, ist wohl nicht exakt zu beziffern. Für die Kunden werden sich die Preise nach einer Anhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent voraussichtlich wieder erhöhen. In welchem Umfang, ist fraglich: Laut der Dehoga-Umfrage dürften die Preise durchschnittlich um 15,5 Prozent steigen - rein rechnerisch dürften sich die Mahlzeiten im Restaurant um 11,2 Prozent erhöhen. Dass Essen gehen ab dem kommenden Jahr im Allgemeinen teurer werden dürfte, davon ist auszugehen. Und das dürfte dann wiederum auch die Nachfrage - und damit dann auch den Umsatz - drücken.