Exiljournalist aus Sri Lanka in Hamburg: Berichten trotz Bedrohung
Unabhängige Berichterstattung und die freie Arbeit von Journalistinnen und Journalisten sind weltweit so stark bedroht wie lange nicht - auch in Deutschland. Auch deshalb ist NDR Info Partner der Ersten Hamburger Woche der Pressefreiheit. Foto-Journalist Kumanan Kanapathipillai berichtet von den Schwierigkeiten seiner Arbeit auf Sri Lanka.
Frauen in bunten Kleidern protestieren friedlich sitzend vor einem Panzer. Eine junge Frau stützt sich auf eine Krücke. Sie hat nur noch ein Bein. Bei einer Erinnerungszeremonie sitzt eine Frau in traditionellem pinkem Gewand vor einem mit bunten Blumen dekorierten Foto eines jungen Mannes. Mit solchen Motiven macht Foto-Journalist Kumanan Kanapathipillai seit mehr als zehn Jahren auf die Menschenrechtsverletzungen an den Tamilen in Sri Lanka aufmerksam. Denn obwohl der Bürgerkrieg seit 2009 offiziell beendet ist, gibt es immer noch Konflikte mit der Tamil-sprechenden Bevölkerung. Im Nordosten der Insel lebt Kanapathipillai schon sein ganzes Leben, als Kind ist er mit Krieg aufgewachsen.
"Struktureller Genozid an der tamilischen Bevölkerung"
"Ich war 15 Jahre alt, als der Völkermord gegen Tamilen 2009 ein brutales Ende gefunden hat. Und es gibt weiterhin einen strukturellen Genozid an der tamilischen Bevölkerung vor Ort." Den Konflikt begleitet Kanapathipillai journalistisch und aktivistisch. Das sei dem Staat und den Behörden bekannt, deswegen gebe es immer wieder Probleme, berichtet er. Laut Reporter ohne Grenzen steht Sri Lanka auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 135 von 180. Es sei beispielsweise so gut wie unmöglich, über die Präsidentenfamilie oder Kriegsverbrechen aus der Zeit des Bürgerkriegs zu berichten. Journalisten werden bedroht, inhaftiert oder sogar umgebracht. Etliche seien bereits geflohen.
Überwachung und Bedrohung von Medienschaffenden
Kanapathipillai hat nach einem Stipendium im Ausland gesucht – da er die Überwachung und Bedrohungen zum Beispiel durch Befragungen und Inhaftierungen zunehmend als traumatisierend empfunden hat. "Vor allem als Tamil-sprechender Medienschaffender gibt es viele Repressionen, weil wir über die Unterdrückung unserer Bevölkerungsteile berichten und das vom Staat nicht gerne gesehen ist." Das führe unter anderem dazu, dass in letzter Zeit 44 Medienschaffende verschwunden sind, erzählt Kanapathipillai - ein Großteil davon seien Tamilen. Verantwortlich dafür seien Personen mit hohe Posten in der Regierung. "Ich glaube, solange es keinen gerechten Prozess für diese Fälle gibt, wird sich die Situation für Journalisten nicht verbessern."
Ein Jahr Durchatmen dank Stipendium
Ein Jahr lang kann er nun von einer Zwei-Zimmer-Dachgeschoss-Wohnung in Hamburg für Zeitungen und Online-Medien in der Heimat weiterarbeiten. Mit dabei: sein Laptop und seine Kamera. Das Stipendium der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte soll nun vor allem für eines Sorgen: Entlastung. Filmmanager Albert Wiederspiel, der im Vorstand der Stiftung sitzt, betont: "Es ist wirklich als ein Jahr zum Durchatmen gedacht. Ein Jahr, in dem man in Ruhe arbeiten kann, ohne Angst zu haben, ohne verfolgt zu werden." Kumanan könne von hier aus genau so oder vielleicht sogar besser für seine Sache kämpfen wie aus Sri Lanka, so Wiederspiel. Und er könne mehr Aufmerksamt für sein Thema generieren.
"Ich mache die Arbeit weiter, weil viele sicht nicht trauen, zu berichten"
Kanapathipillai vermisst es trotz allem, vor Ort zu sein. Er befürchtet, dass nun eine Lücke in der Berichterstattung entsteht. Daher versuche er auch, mit Kolleginnen und Kollegen aus der Heimat in Kontakt zu bleiben, weiterzuarbeiten. Aktuell macht er sich auch Sorgen um seine Familie und seine Ehefrau, dass diese nun wegen seiner Arbeit schikaniert werden könnten. Obwohl er jetzt schon Angst hat zurückzukehren, kommt Aufhören für ihn nicht in Frage. "Ich mache die Arbeit weiter, weil es eine wichtige Arbeit ist und weil es nicht mehr so viele Leute gibt, die sich trauen zu berichten." Es sei schwierig, neue Personen zu finden, die diese Aufgabe übernehmen könnten, so der Journalist - und deswegen will er trotz der großen Herausforderungen weitermachen.