Deutschlandticket: Minister aus dem Norden fordern schnelle Absicherung
Die Debatte über die Fortführung und finanzielle Absicherung des Deutschlandtickets dauert nach dem Aus der Ampel-Koalition weiter an. Verkehrsminister aus dem Norden drängen auf eine zeitnahe Gesetzesänderung und machen sich für den Fortbestand des Tickets stark.
Das Deutschlandticket an sich sei ein guter Gedanke, sagte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen am Donnerstag im Interview auf NDR Info. Ein günstiges Ticket mache aber nur Sinn, wenn auch der Rest zu Ende gedacht werde. Der CDU-Politiker verwies dabei unter anderem auf fehlende Investitionen in die Infrastruktur der Bahn oder in neue Züge. "Das hat man auch in Schleswig-Holstein gesehen, dort mussten wir Züge abbestellen", sagte Madsen. "Das ist am Ende natürlich auch nicht gut, wenn sie zwar preiswerte Kinokarten verkaufen, aber kein Programm haben. Das funktioniert nicht."
Nach dem Ampel-Aus geht die Debatte über die Finanzierung des Deutschlandtickets weiter. Bund und Länder bezuschussen das Ticket mit jährlich jeweils 1,5 Milliarden Euro. Für 2025 ist der Anteil des Bundes bereits gesetzlich geregelt. Zusätzlich wollte die Bundesregierung den Ländern aber noch ungenutzte Regionalisierungsmittel übertragen.
SPD-geführte Länder drängen auf baldige Gesetzesänderung
Darauf drängen vor allem SPD-geführte Länder im Norden. So sagte etwa Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD), es brauche "jetzt endlich Klarheit, dass die in 2023 und 2024 nicht genutzten Regionalisierungsmittel in das kommende Jahr übertragen werden". Diese entsprechende Gesetzesänderung müsse der Bundestag noch vor der Neuwahl auf den Weg bringen. Ähnlich hatte sich jüngst Meyers niedersächsischer Amts- und Parteikollege Olaf Lies geäußert: "Die Hängepartie muss endlich beendet werden." Am Donnerstag bekräftigte Lies gegenüber dem NDR diese Forderung. Die Finanzierung sei herausfordernd, aber die Übertragung der Mittel sei "das Einzige, was jetzt geschehen muss", betonte er. Dann habe man Sicherheit und könne in Ruhe weiter beraten. Es gebe ein klares Bekenntnis zum Deutschlandticket aus den Ländern.
Hamburgs Verkehrssenator Tjarks sieht den Bund in der Pflicht
Hamburgs grüner Verkehrssenator Anjes Tjarks teilt im Gespräch mit dem NDR die Auffassung seiner Amtskollegen von der SPD: "Wir Länder kämpfen seit etwa einem Jahr bereits darum, alle warten auf die entsprechende Änderung." Würden die nicht genutzten Mittel übertragen, sei das Ticket bis Ende 2025 gesichert. "Und alles Weitere wird die Wahl zeigen", sagte Tjarks auch mit Blick auf den Aussagen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Söder stellte zuletzt die Zukunft des Deutschlandtickets infrage, wenn der Bund die Kosten nicht komplett übernehme. Aus seiner Sicht sei die Balance zwischen Subventionierung des Tickets und Mitteln für den Ausbau der Infrastruktur nicht gegeben. Wenn der Bund das Ticket nicht bezahle, "dann muss es fallen", hielt Söder fest.
Damit das Ticket weiterhin Bestand hat, sei es unerlässlich, dass der Bund weiter in der Finanzierung bleibe, bekräftigte auch Tjarks. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die Hansestadt am Deutschlandticket festhalten will. "In Hamburg ist es ein Kassenschlager, es ist sehr erfolgreich." Söders Äußerung nannte er "schwierig".
Deutliche Kritik an Markus Söder
Kritik an Söders Aussagen gab es auch vom SPD-Abgeordneten Niclas Dürbrook aus Schleswig-Holstein. Die Ankündigung sei "nichts anderes als der Versuch, das Ticket zu beerdigen", sagte Dürbrook. "Mich beunruhigt sehr, dass er dafür auch Zuspruch aus der CDU bekommt. Solche Pläne sind ein Frontalangriff auf die Mobilitätswende." Niedersachsens Verkehrsminister Lies übte gegenüber dem NDR ebenfalls Kritik an Söders Vorstoß. Was man jetzt nicht brauche, seien "Signale aus dem Süden Deutschlands, die Gelegenheit zu ergreifen, Wahlkampf auf dem Rücken von elf Millionen Nutzern des Deutschlandtickets zu machen."
Wie geht es 2026 weiter?
So weit wie Söder geht der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Madsen nicht, aber auch er fordert vom Bund mehr Verantwortung. Er erwarte, dass das Ticket wie vereinbart im kommenden Jahr für 58 Euro weiterläuft, so der CDU-Politiker: "Davon ist auszugehen. Wir hatten allerdings auch als Länder immer wieder gefordert, dass wir auf Bundesebene schnelle Entscheidungen brauchen", kritisierte er. Das habe man dort leider nicht gemacht, auch mit Blick auf die Fortführung des Deutschlandtickets ab 2026. Er sei nicht ohne Zuversicht, dass es noch gelingen werde, rechne aber mit harten Verhandlungen. "Am Ende müssten sich alle wohl ein bisschen strecken", so Madsen.
Verbraucherschützer und Sozialverband VdK warnen vor Aus
Darauf hoffen auch Verbraucherschützer, die bereits vor einem Aus für das Deutschlandticket warnen. Dies würde "einen Rückschritt für eine zukunftsfähige, nachhaltige und soziale Verkehrspolitik bedeuten", hieß es vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Auch der Sozialverband VdK appellierte an Bund und Länder, trotz des Bruchs der Ampel die Finanzierung sicherzustellen. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, das Ticket sei einer der Schlüssel für nachhaltige Mobilität.
Bundesverkehrs- und Justizminister Volker Wissing (parteilos) reagierte positiv auf die Forderungen und sprach sich für den Erhalt des Deutschlandtickets aus: "Ich rate davon ab, den Bürgerinnen und Bürgern dieses Ticket wieder wegzunehmen", sagte er dem "Spiegel" in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. Das Ticket werde von rund 13 Millionen Fahrgästen genutzt und habe viele Vorteile. "Der ÖPNV ist attraktiver geworden", sagte der frühere FDP-Politiker.
Dringlichkeitsantrag der SPD in Schleswig-Holstein
Die SPD-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag setzt sich derweil mit einem Dringlichkeitsantrag für den Erhalt des Deutschlandtickets ein. Bundestagsabgeordnete aus dem Land sollten sich "für eine schnellstmögliche Umsetzung der noch offenen Änderung des Regionalisierungsgesetzes" einsetzen, heißt es in dem Antrag.