Nach Streik-Ende: Zugverkehr zum Normalbetrieb zurückgekehrt
In der Nacht haben die Lokführer der Deutschen Bahn ihren 24-stündigen Streik beendet. Nach Angaben des Konzerns fahren die Züge im Norden wieder im normalen Betrieb.
Nach Ende des sechsten Bahnstreiks der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) rollt der Zugverkehr im Norden wieder nach regulärem Fahrplan. Laut einer Bahnsprecherin lief der Verkehr ohne größere Beeinträchtigungen an. Allerdings müssen sich Fahrgäste auf volle Züge einstellen, da viele ihre Reise nun nachholen werden. Der Ausstand hatte 24 Stunden gedauert und war um 2 Uhr zu Ende gegangen.
Einschränkungen gibt es weiterhin im Flugverkehr. Heute können Fluggäste im Norden von den Auswirkungen des Streiks des Kabinenpersonals der Lufthansa und der Lufthansa Cityline in München betroffen sein. Für morgen hat ver.di das Luftsicherheitspersonal an mehreren Flughäfen zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Der Hamburger Flughafen hat daraufhin alle Abflüge am Donnerstagabgesagt.
Gewerkschaft sieht nun die Bahn am Zuge
Die Lokführer-Gewerkschaft teilte indes mit, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen. Was genau damit gemeint ist, erläuterte die GDL nicht. Sie stellte aber klar, dass sie sich nur noch schriftlich zum aktuellen Tarifkonflikt äußern werde, solange kein neues Angebot der Bahn vorliege. "Die klare Botschaft lautet: Fragen Sie die Bahn", erklärte GDL-Chef Claus Weselsky. Die Deutsche Bahn sei nun am Zuge. Diese äußerte sich noch nicht öffentlich zu ihrem weiteren Vorgehen.
Bahn wünscht sich mehr Vorlauf
Die Bahn appellierte jedoch an die GDL, künftige mögliche Streiks wieder mit mehr Vorlauf anzukündigen. Erst am Sonntagabend hatte die Gewerkschaft über den anstehenden Ausstand am Dienstag informiert. Mit solchen sogenannten Wellenstreiks - kürzere und kurzfristigere Arbeitskämpfe - will die GDL den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöhen.
Deutsche Bahn verlor vor Gericht
Die Deutsche Bahn hatte zuvor Klage gegen den Streik eingereicht, war aber in zweiter Instanz gescheitert. Das Hessische Landesarbeitsgericht hält den Streik der Lokführergewerkschaft GDL nicht für unverhältnismäßig. Das Instrument des Wellenstreiks als Nadelstichtaktik sei zulässig, sagte der Vorsitzende Richter Michael Horcher. Er regte den Gang in eine formale Schlichtung an. Rechtsmittel gegen die Entscheidung sind nicht möglich. Zuvor hatte bereits das Arbeitsgericht Frankfurt eine einstweilige Verfügung gegen den Streikaufruf abgelehnt.
Deutsche Bahn hebt Zugbindung erneut auf
Wie bereits bei den vorherigen Streiks bietet die Deutsche Bahn an, dass Fahrgäste ihre durch den Ausstand beeinträchtigte Reise kostenfrei verschieben können. Die Zugbindung für Fahrten am Dienstag, die bis einschließlich Sonntag gekauft wurden, ist aufgehoben: "Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden." Auch eine Ticketerstattung sei unter den entsprechenden Voraussetzungen möglich.
Wirtschaftsexperte: "Zumutung, die Schaden schafft"
Zu den Auswirkungen des GDL-Streiks sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, am Dienstag auf NDR Info: "Es ist eine Zumutung, die vor allem wirtschaftlichen Schaden schafft." Wenn es mal einen Streik gebe, könne das die Wirtschaft in der Regel recht gut wegstecken. Aber wenn sich Streiks häuften, noch dazu mit kurzen Vorlaufzeiten, könnten sich viele Unternehmen nicht darauf einstellen. Menschen fehlten bei der Arbeit, Güter könnten nicht transportiert werden. Das bleibt laut Fratzscher nicht folgenlos: "Wir reden zunehmend von einem wirtschaftlichen Schaden, der auch spürbar ist." Deshalb halte er den Streik angesichts einer schrumpfenden deutschen Wirtschaft vor allem ökonomisch nicht mehr für verhältnismäßig.
Vor dem Hintergrund der verfahrenen Situation im Tarifkonflikt zwischen Deutscher Bahn und GDL sprach Fratzscher von einer "Erpressungsmethode". Denn die Bahn sei kritische Infrastruktur. "Und das gibt der Gewerkschaft eine solche Macht." Es sollte eine Schlichtung geben, an die sich dann beide Parteien halten müssten. Das Streikrecht sollte nach Auffassung Fratzschers dahingehend angepasst werden. "Schlichtung heißt: Beide Seiten müssen Zugeständnisse machen".
Vermittler hatten Kompromiss-Vorschlag gemacht
Gescheitert waren die Tarifgespräche zwischen GDL und Deutscher Bahn bislang an der Forderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen. Die Bahn lehnt das ab. Die eingeschalteten Moderatoren, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU), hatten einen Einigungsvorschlag gemacht. Die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter sollte demnach in zwei Stufen von derzeit 38 auf 36 Stunden gesenkt werden - ohne Lohn-Einbußen. Zur Einigung kam es jedoch nicht.