Bildungsbuddies: Studierende helfen Schülern und wohnen dafür mietfrei
In Bremen gibt es die meisten Jugendlichen ohne Schulabschluss. Das liegt auch an mangelnden Zukunftsperspektiven in vielen finanziell schwachen Familien. Eine Schule will dem entgegenwirken und hat mit der Hochschule Bremerhaven das Projekt "Bildungsbuddies" ins Leben gerufen.
Das Konzept der Lernpatenschaften wurde vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Studentinnen und Studenten unterstützen seitdem jeweils 20 Stunden pro Monat Jugendliche der Oberschule am Ernst-Reuters-Platz in Bremerhavener Stadtteil Lehe - sowohl im Unterricht als auch privat - und bekommen dafür ein kostenfreies Zimmer im Studentenwohnheim.
Bildungsbuddies sollen Bildungs-Vorbilder sein
Ein solcher Bildungsbuddy ist Omar Abdelal. Der 24-Jährige studiert "Gründung, Innovation und Führung". Er erklärt: "Ich helfe im Unterricht, wenn ein Schüler nicht weiterkommt und die Lehrerin oder der Lehrer gerade woanders unterstützt. Manchmal ist es auch wichtig, die Kinder zu beruhigen, wenn sie zu laut sind."
Die Bildungsbuddies sollen keine Ersatzlehrer sein, das ist der Schule wichtig. Sie sollen die Schülerinnen und Schüler unterstützen - im Unterricht, in der Pause oder auch privat. Denn viele der Kinder der Schule am Ernst-Reuter-Platz kommen aus finanziell schwächeren Familien, sagt Marion Oehmsen vom Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft. Eine Verbindung zu Akademikern hätten sie selten. Die Bildungsbuddies sollen für diese Schülerinnen und Schüler Bildungsvorbilder sein.
Initiatorin Oehmsen: "Wir wollen ja, dass alle Kinder möglichst in der Gesellschaft ankommen. Und dieses Vorbild zu haben, das repräsentiert, was sie vielleicht selbst an Sehnsüchten haben - das ist der Kern des Projekts."
Student: Soziale Arbeit ändert Sicht auf viele Dinge
Das klappt zum Beispiel bei dem 13-jährigen Mahmut und Bildungsbuddy Omar. Im Unterricht ist er Mahmut eine große Hilfe. Und auch privat treffen sich die beiden regelmäßig, gehen zum Beispiel zusammen zum Sport. Der Student: "Ich kann mich noch an eine Situation erinnern, als ich ihn in der Stadt getroffen habe und er zu seinen Kollegen gesagt hat: Das ist mein großer Bruder. Das war sinnbildlich und ich fühle auch, dass ich ein bisschen Verantwortung trage."
Auch er selbst profitiert von dem Projekt, sagt Omar: "Die Arbeit hat meine Sicht auf einige Dinge nachhaltig geändert. Man bekommt hier Schicksalsschläge mit. Ich bin viel sensibler geworden und verstehe mehr. Vorher hatte ich eine sehr privilegierte Sicht auf einige Dinge. Ich habe mir das immer so wegrationalisiert, ohne die Emotionen dahinter zu kennen und zu verstehen. Und mittlerweile ist das halt anders."
Neue Möglichkeiten für Kinder aus Bremerhaven-Lehe
Derzeit gibt es sieben Bildungsbuddies. Für ihren Einsatz von 20 Stunden im Monat bekommen sie ein Zimmer in einem neuen Studentenwohnheim bezahlt, was bei der derzeitigen Lage für viele attraktiv ist. Finanziert wird das Projekt von der Dieckell-Stiftung.
Die Schülerinnen und Schüler, die von den Bildungsbuddies unterstützt wurden, seien ruhiger geworden, sagt die Schulleiterin Nicole Wind. Für sie steht fest: Die Kinder haben eine Bezugsperson gefunden, die sie zu Hause oft nicht haben. "Die Kinder kommen raus! Häufig ist es nämlich so, dass die Kinder hier aus Lehe diese Straßenzüge im Grunde nicht verlassen und den Rest von Bremerhaven überhaupt nie kennenlernen. Und auch nicht, welche Möglichkeiten es hier gibt", sagt sie. Die Bildungsbuddies seien "ein Schlüssel zum Entdecken der Stadt, zum Entdecken des Lebens." Das sei genau richtig so.
Schulleiterin Wind hofft, dass die Idee, dass Studierende im Unterricht helfen und dafür kostenlos wohnen dürfen, auch in anderen Städten Anklang findet.