Ein Flüchtling arbeitet unter professioneller Anleitung an einem Werkstück. © picture alliance/dpa Foto: Sven Hoppe

Wie ein Karriere-Coach Arbeitsmigranten helfen will

Stand: 10.01.2023 06:20 Uhr

Experten sind sich einig: Um die Sozialsysteme und den Wohlstand zu sichern, braucht Deutschland mehr Zuwanderung. Von 400.000 Fachkräften aus dem Ausland pro Jahr ist die Rede. Doch die kommen bislang bei Weitem nicht. Woran liegt das und wie lässt sich das ändern?

von Susanne Tappe

Chris Pyak arbeitet als Karrierecoach und unterstützt hochqualifizierte Menschen aus dem Ausland dabei, in Deutschland einen Job zu finden © Agentur Immigrant Spirit Foto: Agentur Immigrant Spirit
Karrierecoach Chris Pyak möchte Fachkräften aus dem Ausland helfen, in Deutschland einen Job zu finden.

Chris Pyak war als Journalist selbst mehr als zehn Jahre im Ausland und hat in sieben verschiedenen Ländern gelebt. Als er 2011 zurück nach Deutschland kam, war er schockiert zu sehen, wie wenig sich in seinem Heimatland in Sachen Internationalität in der Zwischenzeit getan habe: "Vor zehn Jahren haben wir schon die gleichen Diskussionen geführt, die wir heute führen. Und ich erlebe eine unglaubliche Geringschätzung der Lebensleistung und der professionellen Fähigkeiten, die internationale Fachkräfte in unser Land bringen. Da wollte ich helfen." 

Sprache ist größtes Hindernis

Deswegen arbeitet Chris Pyak seitdem als Karriere-Coach und unterstützt hochqualifizierte Menschen aus dem Ausland dabei, einen Job in Deutschland zu finden. Er sagt, das größte Hindernis sei immer wieder die deutsche Sprache: "Die Personaler, mit denen ich spreche, haben verstanden, der demografische Wandel ist da - sie finden im deutschsprachigen Raum nicht mehr genug Kandidaten. Die wollen alle international rekrutieren. Und dann kommt das Aber: Die sollten aber schon ein bisschen Deutsch sprechen können. Dann frage ich nach, was genau sollen die denn können? Und dann sind sie ruckzuck bei C1, das ist Muttersprache." Tatsächlich ist das nicht ganz Muttersprache, aber schon ein sehr fortgeschrittenes Niveau.

Nur wenige Stellengesuche auf Englisch

Wie unflexibel die meisten deutschen Unternehmen seien, zeige sich schon an den Stellenanzeigen, sagt Pyak. Nur etwa vier Prozent der Firmen veröffentlichten ihre Gesuche auch auf Englisch.

Dabei könnten Unternehmen mit ein wenig Bereitschaft zur Improvisation auch Menschen einstellen, die erst noch Deutsch lernen müssen. Das zeige das Beispiel einer indischen Software-Entwicklerin, die Pyak an eine Firma in München vermittelt hat: "Die hat mir erzählt: 'Ich bekomme ein Dokument zugesandt und muss es mit Google-Translate übersetzen. Es kommt eine Frage, und ich muss einen Kollegen bitten, mir das zu übersetzen. Ich bin in einem Meeting und verstehe kein Wort, weil nur Deutsch gesprochen wird. Nach dem Meeting muss mir dann ein Kollege das Wesentliche zusammenfassen."

Agentur hilft bei Behördengängen

Miriam Müller Müller erleichtert Arbeitsmigranten und ihren Familien den Einstieg ins Arbeitsleben © privat Foto: Relocation Service Startcon
Miriam Müller berichtet von Kollegen, die Neuankömmlingen im Job und im Alltag helfen.

Immerhin: Bei deutschen Behörden werde inzwischen viel öfter Englisch gesprochen als früher, berichtet Miriam Müller: "Früher war die Behördensprache ausschließlich Deutsch. Das hat sich inzwischen ein bisschen gewandelt." Müller arbeitet für Unternehmen, die bereits entschieden haben, jemanden aus dem Ausland einzustellen. Ihre Relocation-Agentur Startcon organisiert dann alles Weitere: Mitarbeiter begleiten die Neuankömmlinge aufs Amt, zur Bank, suchen mit ihnen nach einer Wohnung und für deren Kinder nach einer Kita oder Schule.

Auf einer Demonstration vor dem Arbeitsministerium wird ein Turm aufgebaut, der den Fachkräftemangel symbolisieren soll. © dpa-Bildfunk Foto: tephanie Pilick
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Unterschiedliche Anforderungen in den Bundesländern

Es gebe viele Dinge, die das Ankommen von Fachkräften in Deutschland schwierig macht. Zum Beispiel, dass die Bundesländer für die Anerkennung von Abschlüssen unterschiedliche Anforderungen stellen und unterschiedliche Zeugnisse sehen wollen. Oder dass Deutschland bei der Digitalisierung immer noch so weit hinterherhinke: "Mein Lieblingsbeispiel ist Kolumbien: Die haben inzwischen komplett auf digitale Zeugnisse umgestellt. Und das führt zu Kollisionen mit deutschen Behörden, die das Zeugnis im Papierformat brauchen."

"Keine echte Willkommenskultur"

Was ihr in Deutschland vor allem fehle, das sei eine echte Willkommenskultur, sagt Miriam Müller. Das Credo bei vielen sei eher: Jetzt müssen wir uns Ausländer holen, weil wir die Arbeit nicht mehr schaffen. Und das sei schade, sagt sie: "Ich denke da an unsere brasilianischen Krankenpfleger: Die sind eine Bereicherung für unseren teilweise etwas tristen und grauen Alltag hier, speziell im Krankenhaus."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wirtschaft | 10.01.2023 | 06:41 Uhr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

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