Nach Islamismus-Kundgebung: Hunderte bei Gegen-Demo in Hamburg

Stand: 05.05.2024 11:35 Uhr

Vor einer Woche hatten rund 1.000 Anhänger der Gruppierung "Muslim Interaktiv" am Steindamm unweit des Hamburger Hauptbahnhofs demonstriert. An gleicher Stelle gab es am Sonnabend eine Gegendemonstration.

In der Spitze bis zu 1.000 Menschen beteiligten sich laut Polizei am Mittag an der Kundgebung in St. Georg. Die Demonstrierenden kamen aus ganz unterschiedlichen Lagern. Zu sehen waren unter anderem israelische und deutsche Flaggen, Regenbogen-Fahnen, Antifa-Symbole und verschiedene deutsche Partei-Embleme. Auf Bannern und Schildern standen Schriftzüge wie "Gegen jeden Antisemitismus", "Freiheit" oder "Matriarchat statt Kalifat".

Die Veranstaltung verlief insgesamt friedlich. Eine Auseinandersetzung mit drei Islamisten am Rande wurde von der Polizei sofort unterbunden und der Redelsführer abgeführt.

Thering sieht "starkes Zeichen gegen Hass und Hetze"

Zu den Rednern gehörten auch prominente Hamburger Politiker, darunter CDU-Fraktionschef Dennis Thering. "Hamburg hat heute ein starkes Zeichen gegen Hass und Hetze gesetzt. Der Islamismus hat bei uns nichts zu suchen", so Thering. "Unser Rechtsstaat muss handeln, und zwar mit aller Härte."

"Nicht per se zu verbieten"

Die Fraktionschefs von SPD, Dirk Kienscherf, und der Grünen, Dominik Lorenzen, verwiesen darauf, dass die Politik den Islamismus sehr ernst nehme und das Problem in der Bürgerschaft breiten Raum einnehme. Demonstrationen wie die der Gruppe "Muslim Interaktiv" seien nach geltendem Recht nicht per se zu verbieten, sagte Kienscherf. "Dort, wo es nicht zu verbieten ist, müssen wir das ertragen." Lorenzen sagte, dass der Rechtsstaat für alle gelte, "auch für den, der gegen den Rechtsstaat ist."

Der Hamburger Bundestagsabgeordnete und ehemalige Landesvorsitzende der FDP Hamburg, Michael Kruse, forderte staatliche Konsequenzen für islamistische Gruppen: "Ich erwarte vom Senat und ich erwarte von Rot-Grün, dass nicht nur gesagt wird, wir müssen das ertragen."

Unter anderem der Verein Kulturbrücke hatte zu der Kundgebung gegen Islamismus und Antisemitismus aufgerufen. Ein breites Bündnis an Organisationen, Vereinen und demokratischen Parteien schloss sich dem Aufruf an. "Wir haben uns entschieden, den Islamisten nicht diese Straße zu überlassen", sagte Hourvah Pourkian von der Kulturbrücke Hamburg.

Bundesweite Empörung nach Islamisten-Demo

Mitveranstalter der Kundgebung waren der Verein Säkularer Islam und die Kurdische Gemeinde Deutschland. Sie fordern ein klares Verbot der Gruppe "Muslim Interaktiv", dem Veranstalter der Demonstration vor einer Woche. "Keiner schadet der islamischen Religion und den Muslimen mehr als die Islamisten selbst", sagte Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde.

Bei der Kundgebung am vergangenen Sonnabend hatten rund 1.000 Demonstranten eine ihrer Meinung nach islamfeindliche Politik und Medienberichterstattung in Deutschland aggressiv angeprangert. Außerdem wurde ein Kalifat als Lösung gesellschaftlicher Probleme gefordert. Die Demo hatte bundesweit Empörung ausgelöst.

Der Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wird sich Anfang Juni mit dem Thema befassen.

Weitere Informationen
Peter Kleffmann spricht den Hamburg Kommentar. © picture alliance / ABB | -

Kommentar: "Hamburger Behörden müssen mutiger werden"

Wegen des toleranten Demonstrationsrechtes wurde eine Demonstration von "Muslim Interaktiv" nicht untersagt. Die Hamburger Behörden müssen mutiger werden, meint Peter Kleffmann. mehr

Das Bild zeigt verschiedene Gefährder-Utensilien, die von der Polizei beschlagnahm worden. © dpa-Bildfunk Foto: Swen Pförtner

Zahl der gewaltorientierten Islamisten steigt in Hamburg

Sorgen bereiten den Sicherheitsbehörden in der Hansestadt vor allem die Anwerbeversuche im Internet, zum Beispiel über Tiktok. (02.05.2024) mehr

Hamburger Rathaus © fotolia.com Foto: VRD

Hamburg: CDU kritisiert Rot-Grün für Umgang mit "Muslim Interaktiv"

Die CDU ist unter anderem sauer, weil SPD und Grüne eine Sondersitzung des Innenausschusses zur Islamisten-Demo am vergangenen Wochenende ablehnen. (30.04.2024) mehr

Das Straßenschild vom Steindamm in der Nähe des Hauptbahnhofes in Hamburg © picture alliance Foto:  Daniel Reinhardt

Hamburger Steindamm: Demonstration gegen Islamisten geplant

Am Sonnabend wollen demokratische Organisationen auf die Straße gehen. Es ist eine Antwort auf die Kundgebung von "Muslim Interaktiv". (30.04.2024) mehr

Mehrere hundert Demonstranten mit weißen Fahnen und Plakaten bei einer Demonstration am Hamburger Steindamm. © picture alliance / ABB

Nach Islamisten-Demo in Hamburg: Forderungen nach Konsequenzen

Die Demonstration von Islamisten in Hamburg sorgt bundesweit für Diskussionen. Im Mittelpunkt steht die Frage, warum die Veranstaltung nicht verboten wurde. (29.04.2024) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 04.05.2024 | 17:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP im Hamburger Bezirk Wandsbek. © Screenshot

Nach Bezirkswahlen: Ampel-Koalition in Wandsbek steht

SPD, Grüne und FDP im Hamburger Bezirk Wandsbek haben dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Bei den Bezirkswahlen war eigentlich die CDU stärkste Kraft geworden. mehr