Kommentar: Geplanter Teilverkauf der HHLA spaltet Hamburg
Die Nachricht eines vereinbarten Verkaufs von knapp der Hälfte des städtischen Terminalbetreibers HHLA an den Schweizer Konzern MSC hat viele überrascht, und sie spaltet die Stadt. Das Risiko für Hamburg ist hoch, aber es gab keine wirklich gute Alternative, meint Peter Kleffmann in seinem Kommentar.
Die Meinungen reichen von dem Vorwurf, die Stadt verkaufe ihr Tafelsilber, bis hin zu Erleichterung - es sei ein überfälliger Schritt, um den Hamburger Hafen zukunftsfähig zu machen.
Ein Einschnitt für den Hamburger Hafen
Was für eine Nachricht! Nach fast 140 Jahren will Hamburg einen Großteil seiner Anteile am wichtigsten Hafenunternehmen verkaufen. Die Nachricht kam für fast alle überraschend, nicht nur weil es gefühlt wie eine Art Dammbruch, vielleicht auch ein Verrat an Hamburgs Traditionen ist. Sondern auch, weil es genug Beispiele für weniger gelungene Privatisierungen gibt. Zum Beispiel der Verkauf der städtischen Energienetze, die nach einem Volksentscheid später teuer wieder zurückgekauft werden mussten. Oder die Veräußerung vieler Stadtimmobilien - auch diese Schraube versucht der Senat derzeit zurückzudrehen. Und auch der Verkauf der Hamburger Krankenhäuser ist nicht jedem in guter Erinnerung.
Hafen steht mit dem Rücken zur Wand
Und doch ist vielen klar: Es muss etwas passieren. Die Umschlagzahlen stagnieren, der Hafen fällt gegenüber seinen Konkurrenten immer weiter zurück. Die Gründe sind vielfältig: Er gilt als teuer, seine von manchen gelobte Anbindung im Hinterland ist durch den langen Weg die Elbe hinauf für große Schiffe aufwendig. Die HHLA scheint nicht die Kraft zu haben, die Situation zu verbessern. Und Hamburg hat es nicht geschafft, seinen Blick in der Hafenpolitik zu weiten, zu akzeptieren, dass man womöglich mit anderen Häfen kooperieren muss, um zukunftsfähig zu bleiben.
Befreiungsversuch mit Chancen und vielen Risiken
Nun also die weltweit größte Reederei als Partner. MSC bringt Know-how, Geld und den Willen für Verbesserungen mit. Und sonst? MSC hat mehr als 700 Containerschiffe, ist an mehr als 70 Terminals beteiligt, dazu der lukrative Kreuzfahrtsektor. Hamburg ist künftig ein Stecknadelkopf auf der globalen Karte des Weltkonzerns MSC. Dem geht es um Macht, die Kontrolle von Lieferketten, Gewinne - und sicher nicht um das Wohl einer alten Hansestadt an der Elbe. Die Hafenarbeiter und ihre Macht, das finden manche Arbeitgeber zwar nicht gut, aber mal ehrlich, das gehört in Hamburg dazu. Mitbestimmung bei MSC? Findet nicht statt, sagte mir ein Kenner der Branche.
Und hinzu kommt, dass Hamburg MSC nicht etwa nur an einem Terminal beteiligt. Hamburg überlässt MSC einen Teil des Gesamtkonzerns, es geht um die innersten Machtstrukturen der Hafenwirtschaft. Ein ungewöhnlicher Schritt. Und trotzdem kann alles gut werden. Wenn Hamburg langfristig den Hut aufbehält. Wenn die Stadt als Mehrheitseigner kontrolliert, damit Veränderungen zum Wohle des Hafen geschehen, und nicht auf Kosten der Mitarbeitenden. Und wenn nicht alle anderen Partner Hamburg spüren lassen, dass sie den MSC-Deal ablehnen. Hapag-Lloyd zum Beispiel, oder Eurogate. Ich fürchte, dieses Kapitel des Übernahmedeals wird jetzt erst interessant.