Kommentar: Das Projekt Elbtower wird nicht kippen
Der Elbtower soll das dritthöchste Hochhaus Deutschlands werden. Doch der Bau ist ins Stocken geraten. Der Investor Signa Prime Selection hat die Zahlungen vorerst eingestellt. Grund sind offenbar massive Finanzprobleme des Mutterkonzerns Signa von Milliardär René Benko. Jetzt will sich Benko offenbar zurückziehen und einem Sanierer das Feld überlassen. Reinhard Postelt kommentiert.
Grau und hässlich ragt der Stumpf des Elbtowers in den Himmel, 100 Meter hoch. Ja, der Elbtower wackelt - im übertragenden Sinn. Aber ich sehe keine Gefahr, dass das Projekt kippt und er dauerhaft als Ruine stehen bleibt. Also kein Turmbau zu Babel wie in der Bibel. Obwohl auch an der Elbe viel Vermessenheit im Spiel war.
Prestigeprojekt von Ex-Bürgermeister Scholz
Da wollte jemand dem Himmel so nah kommen wie kein anderer im Norden. Olaf Scholz - er hatte vor, nach seiner Bürgermeisterzeit ein gigantisches Ausrufezeichen in Hamburg zu hinterlassen. Pläne für einen Wolkenkratzer an den Elbbrücken gab es seit Beginn der Hafencity. Scholz entschied sich 2017 für den Entwurf mit gut 240 Metern Höhe - und für den Investor René Benko mit seiner Signa - obwohl Benko schon damals hoch verschuldet war. Ein Kardinalfehler. Nun muss sich Benko wohl aus der Signa-Führung verabschieden.
Elbtower-Verträge vorbildlich
Für Hamburg ändert das wenig. Denn die Elbtower-Verträge sind vorbildlich, wurden knallhart von der städtischen Hafencity GmbH verhandelt. Sie geben mir die Hoffnung, dass aus dem Ausrufezeichen Elbtower auf Dauer kein krummes Komma wird. Denn im Vertrag steht: Wenn Signa festgelegte Baufristen reisst, wenn auch Vertragsstrafen nicht helfen, dann kann die Stadt das Grundstück ohne Verluste zurückkaufen. Hamburg würde dann einen neuen Investor suchen. Und der hätte einen fast unglaublichen Vorteil: Er zahlt nichts für den 100-Meter-Stumpf. Der städtische Vertrag knebelt Signa nämlich: Sie bekäme für all das, was schon gebaut wurde, kein Geld. Und das sind geschätzt mindestens 200 Millionen Euro.
Jetzt müssen die Investoren ran
Ich weiß, viele lehnen den Elbtower ab: zu mächtig, zu störend im Stadtbild. Aber stockt der Bau jahrelang, wird Hamburg wieder zum Spott der Deutschen wie beim Baustopp der Elbphilharmonie. Erstmal müssen jetzt die Investoren ran. Es ist ihr Problem, nicht das der Stadt: Neben Signa sind eine Commerzbank-Tochter und Klaus-Michael Kühne beteiligt. Der Logistik-Milliardär hat jüngst kühl erklärt, seine Holding sei "von einem Elbtower-Engagement weit entfernt". Sorry, Herr Kühne, Sie sind bereits engagiert - mit zehn Prozent. Und Eigentum verpflichtet. Auch Kühne müsste Kapital nachschießen. Seiner Heimatstadt Hamburg wäre mehr gedient, wenn er hilft, den Elbtower schnell fertigzubauen, statt eine neue Oper zu stiften, wovon er ja gerne spricht.