Kommentar: Aufnahmestopp für Syrer und Afghanen ginge zu weit
Nach dem Solinger Messerattentat hat die Bunderegierung ein Maßnahmenpaket vorgelegt. Der Vorschlag von CDU-Chef Friedrich Merz, keine Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan mehr aufzunehmen, ist nicht enthalten. Der hatte auch in der Hamburger Politik Nachhall gefunden - war aber von Anfang an ein Irrweg, meint Ole Neugebauer in seinem Kommentar.
Ein Aufnahmestopp für Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan - ich gebe zu: Der Vorschlag von Merz nach dem Anschlag in Solingen hat auch bei mir einen Nerv getroffen. Auch mein erster Reflex war: Wie können wir Menschen Schutz bieten, die dann mit Messern auf uns losgehen? Dann sollen halt keine Menschen aus diesen Ländern mehr kommen. Mir geht das zu weit.
Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) ist möglicherweise diesem Reflex gefolgt, als er sich am Dienstag für ein Ende des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan ausgesprochen hat. Grote hat wörtlich gesagt, er hat Hinweise, dass nicht jedem, der über die Grenze nach Afghanistan geht, der Kopf abgeschlagen wird.
Abschiebung nach Afghanistan war falsch
In der derzeit aufgeheizten Stimmung im Land hat die Bundesregierung ein Sicherheits- und Asylpaket beschlossen. Unter anderem will sie schneller abschieben. Erstmals seit der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban vor drei Jahren hat sie am Freitag wieder Straftäter nach Afghanistan abgeschoben. War das richtig? Nun, es waren Straftäter. Aber sie in einen Unrechtsstaat zu bringen, das halte ich trotzdem für falsch.
Aufnahmestopp verstößt nicht nur gegen Völkerrecht
Der Vorschlag von Merz, keine Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan mehr aufzunehmen - er spielt in dem Maßnahmenpaket, dass die Ampel jetzt beschlossen hat, keine Rolle mehr. Und das ist gut so. Die Debatte darüber war von Anfang falsch. Nicht nur, weil ein solcher Aufnahmestopp gegen Völkerrecht, EU-Recht und wichtige Menschenrechtsverträge verstößt. Sondern auch, weil er moralisch falsch ist.
Flüchtlinge können Schmerz über Solingen nachempfinden
Ich habe in dieser Woche mit Menschen gesprochen, die aus Syrien nach Hamburg gekommen sind. Eine junge Frau hat mir geschildert, wie sie selbst vom IS attackiert wurde, der nun den Anschlag in Solingen für sich beansprucht. Sie hat von Leichen ohne Köpfe erzählt, von entführten Freunden, die sie nie wieder gesehen hat. Sie kann daher den Schmerz und die Wut so sehr nachempfinden, die viele jetzt nach Solingen verspüren. Diese Frau ist genau vor dem Terror geflohen, der auch unser Land nun ein weiteres Mal erschüttert. Wie so viele aus Syrien, aus Afghanistan. Diese Menschen verdienen unseren Schutz.