Hamburger Senat verschiebt Entscheidung über Köhlbrandbrücke
Der Senat hat seine lange geplante Entscheidung über die Zukunft der Köhlbrandbrücke verschoben. Hintergrund ist nach Informationen von NDR 90,3, dass die Umweltbehörde kurzfristig noch Ergänzungen und Änderungen an den Plänen angemeldet hatte.
Eigentlich schien alles schon klar: Die zuständige und Melanie Leonhard (SPD) geführte Wirtschaftsbehörde hatte sich auf eine neue höhere Köhlbrandbrücke festgelegt - und die lange verfolgte Idee eines Tunnels aus Kostengründen verworfen. Bereits vor mehr als zwei Wochen wurden, wie in solchen Fällen üblich, alle anderen Behörden über die geplante Senatsentscheidung informiert. Innerhalb von bestimmten Fristen können die dann noch Änderungswünsche abgeben.
Einwände der Umweltbehörde kamen spät
Offenbar auf den letzten Drücker oder sogar eigentlich zu spät kamen dann Anmerkungen aus der von Jens Kerstan (Grüne) geführten Umweltbehörde. Mehrere kurzfristig anberaumte Krisengespräche brachten aber nicht den erhofften Durchbruch. Die Senatsabstimmung laufe, sagte eine Sprecherin der Umweltbehörde auf Anfrage von NDR 90,3. Wahrscheinlich ist, dass der Senat nun erst nach Ostern endgültig entscheidet, dass eine neue Köhlbrandbrücke gebaut werden soll. Danach muss noch die Bürgerschaft zustimmen. Die für Dienstag geplante Landespressekonferenz, auf der die Pläne eigentlich mittags hätten vorgestellt werden sollen, wurde abgesagt.
Leonhard: "Arbeiten an zügiger Entscheidung"
Am Dienstagabend versuchte Wirtschaftssenatorin Leonhard die Wogen zu glätten. Der Ersatz für die Köhlbrandbrücke sei ein Jahrhundert-Bauwerk, sagte Leonhard im NDR Hamburg Journal. Da könne es auf den letzten Metern schon mal ein paar Ruckeleien geben. Von einer grünen Retourkutsche gegen die SPD wollte die Senatorin nichts wissen: "Auch die Grünen wissen ja, wie bedeutsam dieses Bauwerk für den Hamburger Hafen ist und deswegen arbeiten wir jetzt gemeinschaftlich daran, dass wir hier ganz zügig eine Entscheidung treffen". Wann konkret, da wollte sie sich nicht festlegen.
Massive Kritik aus der Opposition
Linke und FDP sehen in dem rot-grünen Zerwürfnis in der Köhlbrandbrücken-Frage eine ernsthafte Krise. Die AfD forderte gar die Entlassung von Umweltsenator Kerstan. Der CDU-Landeschef Dennis Thering wertete die Verschiebung als Desaster für Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seinen Senat. "Wieder Streit statt Entscheidung, wieder kommt ein für Hamburg wichtiges Infrastrukturprojekt nicht voran", sagte Thering. Er äußerte Zweifel an der Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit des Senats. Das Projekt Köhlbrandquerung werde immer mehr zum Symbol eines rot-grünen Senats, der bei bedeutenden Vorhaben scheitere.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß sagte: "Es bedeutet, dass der Hafen insgesamt geschwächt wird, weil der rot-grüne Senat in Hamburg nicht zu einer Entscheidung kommt." Ploß fürchtet, dass die neue Köhlbrandquerung aufgrund der langsamen Hamburger Vorarbeiten erst in den 2040er-Jahren in Betrieb gehen kann, also in 15 bis 20 Jahren.
Merz: Hamburg läuft Gefahr, international zurückzufallen
Auch CDU-Chef Friedrich Merz, der am Dienstag zu einem Austausch mit dem Verband Deutscher Reeder im Hamburger Hafen war, äußerte sich zur Köhlbrandbrücke. Er zeigte Sympathien für eine Ersatzbrücke. Wichtig sei eine schnelle Lösung und Entschlossenheit, denn die Zeit dränge, so Merz. Hamburg laufe sonst Gefahr, international immer weiter zurückzufallen.
Tunnel galt lange Zeit als quasi beschlossen
Vor zwei Wochen hatte sich bereits nach einem internen Prüfbericht der Wirtschaftsbehörde ein Brückenneubau als Ersatzlösung abgezeichnet. Lange Zeit galt ein Tunnel als quasi beschlossen. Mitte vergangenen Jahres hatte Wirtschaftssenatorin Leonhard jedoch unter anderem aus Kostengründen eine bereits zuvor diskutierte und verworfene Ersatzbrücke wieder ins Spiel gebracht und entsprechende Untersuchungen beauftragt. Eine Sanierung der bestehenden Brücke lehnte sie ab. Die Brücke sei ein "technisch-wirtschaftlicher Totalschaden".
Brückenneubau soll rund fünf Milliarden Euro kosten
Wie NDR 90,3 berichtete, sollen aus den ursprünglich avisierten 5,3 Milliarden Euro Kosten für einen Tunnel wegen gestiegener Baupreise nun rund 7 Milliarden Euro geworden sein. Eine neue Brücke mit einer Durchfahrtshöhe für Schiffe von mehr als 70 Metern soll dagegen mit 4,5 bis 5 Milliarden Euro zu Buche schlagen, wobei noch rund eine halbe Milliarde Euro für den Abriss der bisherigen rund 20 Meter niedrigeren Brücke hinzukäme. Wer welche Kosten übernimmt, ist bislang unklar. Die Köhlbrandbrücke wurde jedoch bereits 2021 zu einer Bundesstraße aufgewertet und damit der Weg frei gemacht für eine Förderung durch den Bund.