Container-Terminal Altenwerder in Hamburg: Einbruchserie gibt Rätsel auf

Stand: 14.06.2023 18:36 Uhr

Eine Serie von Einbrüchen am Container-Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen hält Polizei und Zoll in Atem. Nach NDR Informationen sind Einbrecher in den vergangenen Nächten fünfmal auf das Gelände vorgedrungen. Etwa 20 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Suchten die Einbrecher nach einer Kokain-Lieferung?

von Benedikt Strunz

Nach NDR Informationen bemerkten Mitarbeiter des Hafenbetreibers Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) den ersten Einbruch offenbar am vergangenen Wochenende in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag. Zwei Täter hatten wohl den Zaun zur Hafenanlage durchgeschnitten und waren auf das Gelände vorgedrungen. Die Polizei konnte sie trotz intensiver Suche zwischen den Tausenden Containern zunächst nicht auffinden. Erst einem Polizeihund sei es gelungen, die Männer aufzuspüren. Offenbar hielt sich zumindest ein Mann in einem Container versteckt.

Einbrecher hatten offenbar Containerplomben dabei

Eine Auswertung der sichergestellten Handys ergab laut NDR Recherche Hinweise darauf, dass die beiden gezielt nach einem Container gesucht hatten. Die Männer trugen offenbar Sicherheitsplomben mit sich, mit denen sie einen Container wieder hätten verschließen können. 

Zwei Täter nach NDR Informationen entwischt

In der darauffolgenden Nacht stellten HHLA-Mitarbeiter dann erneut einen Einbruch fest. Diesmal hatten offenbar drei Männer den Zaun zur Hafenanlage überwunden. Die Männer wurden nach mehreren Stunden festgenommen. Der dritte Einbruch auf das Terminal-Gelände erfolgte in der Nacht von Montag auf Dienstag. Diesmal sollen es erneut zwei Täter gewesen sein, die auf das stark gesicherte Gelände vorgedrungen waren. Obwohl viele Polizistinnen und Polizisten das Gelände durchsuchten, fanden sie die Täter nach Informationen des NDR diesmal nicht.

Mehrere Polizeiautos stehen vor dem Containerterminal Altenwerder in Hamburg. © TV- NEWS KONTOR
AUDIO: Einbruchserie im Hamburger Hafen (1 Min)

Die jüngsten Einbrüche geschahen dann am Dienstagabend und frühen Mittwochmorgen. Nach NDR Informationen soll es diesmal einer größeren Gruppe an Männern gelungen sein, auf das Terminal-Gelände vorzudringen. Einem Großaufgebot der Polizei gelang es schließlich, mehrere Tatverdächtige in der Nacht und am Mittwochmorgen festzunehmen. Bei mehreren der Festgenommenen soll es sich um Niederländer handeln. 

Polizeisprecher: 20 Festnahmen - alle wieder auf freiem Fuß

Auch zum Schutz der Eindringlinge stellte die HHLA in Rücksprache mit der Polizei den automatisierten Betrieb der Anlage jeweils für mehrere Stunden ein. Ein Sprecher der Polizei bestätigte dem NDR die Einbruchserie und erklärte, insgesamt seien in den vergangenen Tagen etwa 20 Personen festgenommen worden. Alle Personen befänden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß. Zu weiteren Details wollte sich die Polizei nicht äußern.

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Suchten die Einbrecher nach Kokain?

Was die Eindringlinge auf dem HHLA-Gelände suchten, steht bislang noch nicht fest. Unklar ist auch, ob die vier Einbrüche miteinander zusammenhängen und ob die Täter das gleiche Ziel verfolgten. Der Verdacht liegt nahe, dass es bei den Einbrüchen darum ging, eine Kokain-Lieferung aus einem Container zu bergen. Seit mehreren Jahren steht auch Deutschland als Umschlagplatz im Fokus global agierender Kokainbanden.

Derzeit versuchen Zoll, Polizei und Hafenbetreiber eine Strategie umzusetzen, mit denen die Häfen Hamburg und Bremerhaven besser geschützt werden sollen. In anderen nordeuropäischen Hafenstädten wie Rotterdam und Antwerpen haben kriminelle Banden die Häfen durch Korruption und Gewalt systematisch unterwandert. Ziel der Banden ist es laut Ermittlerinnen und Ermittlern, Drogenlieferungen unbemerkt aus den Häfen zu bergen. Einzelnen Hafenmitarbeitern werden dabei offenbar Schmiergeld-Zahlungen von vielen tausend Euro angeboten, um einfache Dienste auszuführen, etwa einen Container so umzustellen, dass Kriminelle leichter darauf zugreifen können. 

Arbeiteten Terminal-Mitarbeiterinnen mit Drogenbanden zusammen?

Nach Informationen des NDR sind auch zwei Mitarbeiterinnen des Terminals Altenwerder beschuldigt, in der Vergangenheit mit Kokainbanden kollaboriert zu haben. Die HHLA wollte sich dazu nicht äußern. Obwohl die Mengen von sichergestelltem Kokain im Hamburger Hafen seit Jahren steigen, gibt es bislang offenbar keine systematische Schulung von HHLA-Mitarbeitern, um vor den Gefahren von Korruption und Einschüchterungen zu warnen.

Ein HHLA-Sprecher teilt mit, der Terminal-Betrieb sei in den vergangenen Tagen nur "kurzzeitig eingeschränkt" gewesen. Weiter hieß es, man nehme "die Gefahr durch die organisierte Drogenkriminalität sehr ernst" und habe "weitreichende Maßnahmen implementiert", um dem Schmuggel entgegenzutreten. Dazu gehörten auch Compliance-Schulungen für Mitarbeiter. Aktuell arbeite man an einer internen "Awareness-Kampagne", die in den kommenden Tagen starten soll. Ziel sei es, die Mitarbeiter "erneut und noch gezielter" für die Thematik zu sensibilisieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 Aktuell | 14.06.2023 | 13:00 Uhr

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