Hamburg: Zentralstelle Staatsschutz arbeitet "unter Volllast"
Vor fünf Jahren wurde die Zentralstelle Staatsschutz bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg gegründet. Angesichts einer deutlichen Zunahme sogenannter Staatsschutzdelikte ist sie derzeit voll ausgelastet.
Gegründet im Lichte der Terroranschläge des "Islamischen Staates" (IS), beschäftigten die Zentralstelle inzwischen neben terroristischen Verfahren aller Arten auch zunehmend Fälle wie Hasskriminalität im Internet, sagte Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich am Donnerstag. Die Zahl der Fälle insgesamt hat sich demnach von 151 im Jahr 2020 auf 463 im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht.
Zuständigkeit unter anderem für antisemitische Straftaten
Die Tendenz sei auch angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung weiter steigend: "Staatsschutzdelikte werden sich in Zukunft verstetigen", sagte Fröhlich. Zuständigkeitsschwerpunkte seien antisemitische Straftaten, Angriffe auf die kritische Infrastruktur sowie Ermittlungen gegen Reichsbürger, Delegitimierer und Verschwörungsgläubige. Außerdem das sogenannte Gefährdermanagement.
Gallina: "Staat steht schwierigen Gegnern gegenüber"
Die Einrichtung dieses seit Januar 2019 arbeitenden Kompetenzzentrums sei ein Erfolg, sagte Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne). "Diese Zentralstelle wird gebraucht." Und sie habe sich bewährt. "Es ist sehr deutlich, dass wir in einer gesamtgesellschaftlichen Lage sind, wo wir uns als Staat ganz schwierigen Gegnern gegenüber sehen", so Gallina. "Das Thema Hasskriminalität und Antisemitismus ist leider hoch aktuell und hier auch hoch aufgehängt in der Zentralstelle."
190 Ermittlungsverfahren in Folge des Hamas-Terrorangriffs
Allein im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel habe sich die Zahl der Ermittlungsverfahren inzwischen auf 190 summiert, sagte Fröhlich. Dabei gehe es neben Verstößen gegen das Versammlungsgesetz um Delikte wie die Verwendung von Symbolen terroristischer Organisationen, Volksverhetzung, Beleidigung und Sachbeschädigung. 58 Fälle seien als antisemitisch eingestuft worden. Fünf Ermittlungsverfahren hätten bereits zu Anklagen oder Strafbefehlsanträgen geführt.
"Die Arbeit wird leider nicht weniger"
Arnold Keller, Leitender Oberstaatsanwalt der Zentralstelle, verwies darauf, dass es in der jüngeren Zeit "hochkarätige" Verfahren wie zur Amoktat bei den Zeugen Jehovas, zur Geiselnahme am Flughafen oder das Verfahren gegen zwei syrische Brüder, die einen Sprengstoffanschlag in Schweden geplant haben sollen, viele Ressourcen gebunden hätten. "Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Zentralstelle derzeit unter Volllast arbeitet. Und die Arbeit wird leider nicht weniger."
Die Hamburger Zentralstelle ist auch für die Verfolgung terroristischer Straftaten in Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern zuständig, die vom Generalbundesanwalt in Karlsruhe an die Länder gegeben oder zurückgegeben werden. Im vergangenen Jahr waren das 43 Fälle - davon 23 aus Hamburg.