Dramatischer Einbruch beim privaten Wohnungsbau in Hamburg
Der private Wohnungsbau ist in Hamburg im vergangenen Jahr eingebrochen - um 85 Prozent ging der Neubau durch die freien Wohnungsunternehmen im Verband BFW Nord zurück. Durch weniger Bautätigkeit drohen nun noch höhere Mieten.
Für nur noch 770 Wohnungen begann der Verband letztes Jahr in Hamburg den Bau - nach 5.200 im Jahr davor: Solch einen Einbruch habe es in Hamburg noch nie gegeben, sagt Sönke Struck, Chef von BFW Nord: "Es ist in der Tat noch schlimmer gekommen als wir gedacht haben. Wir haben jetzt einen Absturz von 85 Prozent in den Baubeginnen."
Verband rechnet mit Auswirkungen für Wohnungssuchende
Seit Jahren warnen die Wohnungsunternehmen genau davor - und vor immer teureren Auflagen bei Klimaschutz, Schallschutz, Barrierefreiheit. Nun bekomme die Politik die Quittung, meint Struck - und die Mieterinnen und Mieter: "Es werden auch Haushalte, die vielleicht 14 oder 15 Euro Miete zahlen können, ein Problem haben, eine Wohnung zu finden, weil einfach der Nachschub an Neubauwohnungen nicht mehr da ist." Der Bund müsse sofort viele Baubestimmungen kippen, sonst gebe es keinen Neubau mehr.
Umfassende Kritik an Deutschlands Bauvorschriften
Nach Ansicht von Struck gibt es in der Politik eine Regelungswut - etwa beim Schallschutz: "Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Änderungen es in den letzten fünf Jahren gab. Das kostet richtig Geld." Noch teurer sei der Klimaschutz. Neubauten bräuchten häufig elektrische Lüftungsanlagen: "Das Fenster, also das natürliche Lüften, ist nicht zulässig in der gesetzlichen Darstellung", so Struck. Und die Lüfter gingen schnell kaputt. Deutschlands Bauvorschriften kämen aus DIN-Ausschüssen voller Vertreterinnen und Vertreter der Industrie, kritisiert Struck: "Wenn Sie aus der Dämmstoff-Industrie sind, und sie sitzen in dem Ausschuss, dann werden Sie ein hohes Interesse daran haben, dass möglichst hohe Dämmung stattfindet."
Pein: "Ein ganz deutliches Alarmsignal"
Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) zeigte sich am Donnerstag besorgt: "Die Zahlen sind außerordentlich schlecht und schlechter als erwartet. Das ist ein ganz deutliches Alarmsignal." Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht bald ändern, fürchtet die Baubranche reguläre Nettokaltmieten von deutlich über 20 Euro pro Quadratmeter in Hamburger Neubauten. "Diese 20 Euro, das kann nicht das normale Produkt sein", sagte Pein. Mit Blick auf ein Durchschnittsgehalte müsste das normale Produkt bei 11 bis 14 Euro liegen. "Und das müssen wir uns gemeinsam vornehmen", so die Bausenatorin.
Der BFW Landesverband Nord erhebt seit 2010 jedes Jahr Daten zur Bautätigkeit der rund 230 Mitgliedsunternehmen, die zudem rund 180.000 Wohnungen verwalten. In Hamburg sind die Unternehmen den Angaben zufolge für mehr als 60 Prozent des Neubauvolumens verantwortlich.