Bürgerschaft: Reederei MSC kann bei der HHLA einsteigen
Die Hamburgische Bürgerschaft hat dem umstrittenen Einstieg der weltgrößten Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) endgültig zugestimmt. Die rot-grüne Koalition setzte den Deal trotz heftiger Proteste in zweiter und letzter Lesung durch.
In namentlicher Abstimmung votierten 72 der 105 anwesenden Abgeordneten für das Geschäft, 33 dagegen. Das entspricht der Zweidrittel-Mehrheit von SPD und Grünen in der Bürgerschaft. Ursprünglich sollte die Entscheidung bereits in der letzten Sitzung vor der Sommerpause fallen - das war aber von der Opposition verhindert worden. Ehe das Geschäft nun jedoch in die Tat umgesetzt werden kann, muss noch die EU-Kommission zustimmen.
Historische Entscheidung
Die Entscheidung ist historisch - in dieser Einschätzung sind sich Gegnerinnen und Gegner sowie Befürworterinnen und Befürworter des Hafen-Deals einig. So wie bisher könne es nicht weitergehen und ein Umsteuern sei nur mit einem starken Partner wie MSC möglich, betonte Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) am Mittwoch in der Bürgerschaft: "Die strategische Partnerschaft mit der größten Reederei der Welt bietet für die HHLA positive Zukunftsoptionen, und zwar in einem Weltmarktumfeld, das sich in den letzten Monaten nochmal deutlich verschärft hat." Der Teilverkauf der HHLA sei ein Zeichen der Schwäche, meinten dagegen Vertreterinnen und Vertreter der Linken, der AfD und der CDU. Deren wirtschaftspolitischer Sprecher Götz Wiese sagte: "Auf hoher See ist man in Gottes Hand - im Hamburger Hafen bei der HHLA ist man dann in der Hand von MSC." Die Schweizer Reederei bestimme in Zukunft, wohin der Hafen steuert, auch wenn die Stadt formal noch die Mehrheit habe.
MSC bekommt knapp die Hälfte der HHLA-Anteile
Der Hamburger Senat möchte MSC an Bord holen, um die HHLA und den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt soll dabei 50,1 Prozent und MSC 49,9 Prozent an dem Unternehmen halten. Bislang gehörten der Stadt rund 70 Prozent, der Rest war in Streubesitz. Im Gegenzug will MSC ihr Ladungsaufkommen an den HHLA-Terminals vom kommenden Jahr an erhöhen und bis 2031 auf eine Million Standardcontainer pro Jahr fast verdoppeln. Daneben will die Schweizer Reederei in Hamburg eine neue Deutschlandzentrale bauen und zusammen mit der Stadt das HHLA-Eigenkapital um 450 Millionen Euro aufstocken.
Hafenarbeiter fürchten um Jobs
Die Gewerkschaft ver.di sowie Hafenarbeiter und -arbeiterinnen sind strikt gegen den Deal, sind deshalb auch mehrfach auf die Straße gegangen. Aus ver.di-Sicht sind nicht nur Arbeitsplätze bei der HHLA bedroht, sondern auch bei weiteren Hafenunternehmen wie dem Gesamthafenbetrieb und den Lasch-Betrieben. Zudem erhalte MSC durch das Geschäft faktisch weitgehende Vetorechte. Auch Sachverständige hatten in Expertenanhörungen vor dem Deal gewarnt, sie sprachen unter anderem von einem "historischen Fehler".
Ver.di: "Ein schwarzer Tag für Hamburg"
Nach dem Votum der Bürgerschaft sagte die Hamburger ver.di-Chefin Sandra Goldschmidt: "Das ist ein schwarzer Tag für Hamburg". Dieser Deal sei das Ergebnis einer kurzsichtigen, der Idee des Standortwettbewerbs und anderer rückwärtsgewandter Konzepte folgenden Logik. Antworten auf die wirklichen Zukunftsfragen, zum Beispiel, welche Rolle der Hamburger Hafen in der sozial-ökologischen Transformation unter den Vorzeichen von Globalisierung und Klimakrise spielen soll, bleibe der Senat schuldig. "Stattdessen leistet er Beihilfe zur Monopolbildung der weltgrößten Reederei MSC, die durch die Missachtung von Beschäftigten- und Umweltrechten auffällt", sagte Goldschmidt. Ver.di wirft dem Senat zudem vor, die politische Kontrolle über öffentliches Eigentum und zugleich kritische Infrastruktur abzugeben, da MSC in wichtigen Fragen ein faktisches Vetorecht erhalte.
Mit "Tag eins" der MSC-Zeitrechnung "werden wir mit unserem guten Organisationsgrad im Hafen weiter für jeden Arbeitsplatz in den Ring steigen", sagte Goldschmidt. Im Grunde zeige sich hier erneut, "dass wir der Macht der Konzerne, hier besonders der Reedereien, nur in gemeinsamer, auch internationaler Solidarität etwas entgegensetzen können".