Jazz – Round Midnight
Dienstag, 14. Juni 2022, 23:30 bis
00:00 Uhr
Eine Sendung von Sarah Seidel
Er war der Pianist in den Bands vieler großer Tenorsaxofonisten wie Dexter Gordon, Stanley Turrentine und Archie Shepp. Horace Parlan konnte sich trotz einer Polio-Erkrankung in Kindertagen in die oberste Liga des amerikanischen Jazz kämpfen.
Die rechte Hand war durch die Krankheit schwer in Mitleidenschaft gezogen, seine Eltern sahen Klavierunterricht als geeignete Therapiemaßnahme. Horace Parlan lernte also schon früh, mit einer besonderen Spieltechnik zurechtzukommen. Der Pianist, der 1931 in Pittsburgh, Pennsylvania, geboren wurde, orientierte sich stilistisch an seinem Jugendfreund, dem gleichaltrigen Pianisten Ahmad Jamal. Dessen sparsame Spielweise hatte ihn nachhaltig beeindruckt.
Als Horace Parlan 1956 Charles Mingus kennenlernte, ermunterte der ihn, nach New York zu kommen. Ab 1957 war Horace Parlan der Pianist in der Band des Bassisten und blieb für zwei Jahre bei ihm. In den Jahren danach spielte er mit den Saxofonisten Booker Ervin, Eddie Lockjaw Davis, Johnny Griffin und Rahsaan Roland Kirk. Gleich mehrere Alben nahm er unter seinem Namen für das Label Blue Note auf.
Dänische Staatsbürgerschaft
Anfang der 1970er Jahre verschlug es Horace Parlan schließlich nach Europa. In Kopenhagen wurde er zum "Expatriate", auf den die Kollegen aus Amerika zurückkamen, wenn sie einen Top-Pianisten aus ihrem Kreis für ihre Tourneen auf dem alten Kontinent brauchten. Aufnahmen machte er nunmehr für das dänische Label SteepleChase, später auch für Enja und Stunt Records.
In Kopenhagen lebte zeitweilig auch der Tenorsaxofonist Dexter Gordon, auf dessen Album "Doin' Alright" Horace Parlan spielte. Auch Archie Shepp machte dauerhaft in Europa Station und nahm in den 1980er Jahren mit dem Pianisten zusammen einige Alben auf. 1995 wurde Horace Parlan dänischer Staatsbürger. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er bis zu seinem Tod 2017 fast vollständig erblindet und im Rollstuhl in einem Pflegeheim nahe Kopenhagen, wo ihn Fotograf Arne Reimer besucht und gesprochen hat.