Nachgedacht: Plastikmüll - Weniger ist das neue Mehr
In Paris geht am Freitag die UN-Konferenz zur Eindämmung von Plastikmüll zu Ende. Lena Bodewein denkt über den Müll nach, der ewig bleibt.
Diese Kolumne war eigentlich viel länger. Warum ich weniger geschrieben habe? Wir stecken mittendrin in einer Notlage, sind von ihr umgeben, womöglich fließt sie - wenn Notlagen fließen können - auch schon durch Ihre, meine, unsere Adern! Na gut, ich will jetzt hier nicht die apokalyptischen Reiter losjagen, so dramatisch soll es gar nicht klingen. Obwohl es das eigentlich ist. Es geht nämlich um Plastik. Um Plastikmüll. Und den Kampf dagegen.
Was die Vereinten Nationen da vorbereiten bei einem Treffen in Paris, das soll irgendwann dazu führen, dass wir gemeinsam die Plastikflut stoppen. Soll ähnlich wichtig werden wie das Klimaabkommen von Paris. Sie wissen schon, das mit der 1,5 Grad-Grenze. Aber das wird noch Jahre der Vorbereitung brauchen, der Abstimmung zwischen den Ländern, der Diskussionen auf Staaten- und Expertenebene, noch und nöcher.
Plastik trifft nicht nur die Tiere, sondern auch den Menschen
Bis dahin produzieren wir jedes Jahr 430 Millionen Tonnen Plastik. Zwei Drittel des Plastiks ist innerhalb kürzester Zeit: Müll. Wird in Flüsse geschmissen, in Meere gespült, tötet Schildkröten, Wale, Seevögel. Wenn Sie jetzt denken - "Ja, schlimm schlimm, die armen Tiere" - es geht weiter. Plastik löst sich nicht auf, sondern wird nur immer, immer kleiner und ist irgendwann Mikroplastik. Landet über Fische in unserer Nahrung, ist in der Luft und im Wasser. Wir atmen es ein, es ist schon in Muttermilch und menschlichem Blut nachgewiesen worden. Spätestens dann sollte es für uns doch heißen: "Schlimm schlimm, die armen Menschen!"
Plastik einsparen
Aber wir könnten ja etwas dagegen tun! Jetzt schon! Nicht erst warten auf ein Abkommen der Vereinten Nationen. Schauen Sie sich um, wo um Sie herum Plastik ist, ich fange mal an: Joghurtbecher, Kugelschreiber, eingeschweißtes Buch, Klarsichthüllen, Haarklammer, Tesafilm, Turnschuhe, Kopfhörerstöpsel, das ist nur der erste Blick rund um den Schreibtisch. In der Küche, nach dem kleinen Einkauf, geht’s weiter: Umverpackungen, Getränkekartons, Zitronennetze, es ist ein Jammer. Also aufgepasst und eingespart, immer!
Nur ein sehr kleiner Teil wird recycelt
Recycling ist schön und gut, aber funktioniert leider nicht richtig. Ganze 14 Prozent des Verpackungsmülls weltweit werden recycelt, und von denen auch nicht alles sachgemäß. Wissen Sie, wo ich den angeblich sauber recycelten Plastikmüll aus Deutschland gesehen habe? Auf illegalen Müllkippen in Malaysia und Indonesien. Irgendwelche Unternehmen wittern ein gutes Geschäft, bieten dem reichen Westen an, ihnen den Wohlstandsmüll abzunehmen. Wir haben ein gutes Gewissen - und der Globale Süden hat Müllberge, die er gar nicht selbst zu verantworten hat. Dafür aber toxische Dämpfe zu ertragen, die entstehen, wenn das Zeug einfach verbrannt wird.
Recycling lohnt sich nicht
Ordentlich, menschenwürdig zu recyceln, lohnt sich zumindest jetzt noch nicht– neuen Kunststoff herzustellen ist einfach viel billiger. Weil dahinter eine milliardenschwere Erdölindustrie steht, die seit Jahrzehnten darauf eingespielt ist, mehr und mehr zu produzieren.
Wenn recyceln also nicht geht, müssen wir reduzieren. Nicht immer das Mehr und Mehr, sondern mal weniger. Nicht das nächste Plastikspielzeug für Kind oder Enkel, nicht noch ein paar Flipflops und nicht noch einen Kaffee auf die Hand im Wegwerf-Becher. Weniger. Insgesamt. Muss es immer mehr sein? Wachstum ist doch nicht das Mantra! Auch mal weniger Kolumne. Darum ist an dieser Stelle Schluss.