Projekte mit Mehrwert: Klimaschutz in der muslimischen Community
Auf der 28. Weltklimakonferenz einigten sich fast 200 Staaten auf ein stärkeres Engagement für den Klimaschutz. Wie finden diese Ergebnisse ihren Weg in die muslimische Community?
2010 gründeten Ingenieursstudenten in Darmstadt die muslimische Umweltschutzorganisation NourEnergy. Wirtschaftsingenieur Baraa Abu El-Khair ist seit 2014 dabei. Über die Ergebnisse der Weltklimakonferenz wird der Verein vor allem in den sozialen Medien berichten, sagt er. In einfacher Sprache, für jede und jeden verständlich, werde vermittelt, worum es geht: um Veränderungen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene, um den Ausstieg aus fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien.
"In unserem Post, den wir gerade für Instagram vorbereiten, sprechen wir darüber und das gepaart mit einem Call to Action: Was kannst Du als Individuum, Du und Deine Moscheegemeinde, Du und Deine Hochschulgemeinde, in der du aktiv bist, an niederschwelligen Maßnahmen tun, um Teil dieses transformatorischen Prozesses zu sein?", erzählt Abu El-Khair.
Mehrwert durch Umstieg auf erneuerbare Energien
Ein Schwerpunkt der Arbeit von NourEnergy ist es, Moscheegemeinden beim Umstieg auf erneuerbare Energien zu beraten, speziell beim Bau von Solaranlagen. Auch das Islamische Kulturzentrum in Wolfsburg hat diese Dienstleistung in Anspruch genommen. "Wir haben teilweise mitberaten für die Vision, die man definiert hat", so Abu El-Khair. "Und die Vision ist, dass man bis 2030 klimaneutral sein möchte. Die Solaranlage ist eine absolut zentrale Maßnahme, die man umsetzen wollte. Die Anlage ist mittlerweile installiert und jetzt sind wir im weiteren Austausch mit der Gemeinde, dass man daraus viel mehr macht."
Es gehe darum, den Mehrwert solch einer Anlage bewusst zu machen. Der liege nicht nur in der Energiesicherheit und in effektivem Klimaschutz. Man könnte vielleicht auch die Nachbarschaft mit grünem Strom versorgen und damit positive Öffentlichkeitsarbeit machen, in Dialog mit anderen örtlichen Akteuren kommen.
Jugend als treibende Kraft
Wenn NourEnergy in eine Moscheegemeinde eingeladen wird, ist oft der jeweilige Jugendverband die treibende Kraft. "Es ist so, dass tendenziell jüngere Leute, die hier geboren sind, hier zu Schule gegangen sind, hier studiert haben, hier einem Beruf nachgehen, aufgrund des gegenwärtigen Diskureses, so wie er geführt wird, eine ganz andere Sensibilisierung genossen haben", so Abu El-Khair. "Und die Früchte sind erkennbar, weil viele dieser Menschen in Moscheegemeinden aktiv sind und versuchen, das, was sie erlernt haben, in ihrer Gemeinde zu implementieren."
Die Sensibilisierung gerade der Jüngeren für Umwelt- und Klimaschutz bestätigt Annett Abdel-Rahman. An der Uni Osnabrück ist sie Juniorprofessorin für Fachdidaktik für islamischen Religionsunterricht. "Man merkt es auch im Unterricht, dass dieses Thema immer breiteren Bezug einnimmt, auch im Kontext des Umgangs mit Tieren. Ich nehme wahr, dass gerade die junge Generation da viel bewusster unterwegs ist und das auch als religiöses Element ihrer Glaubensausübung betrachtet: sich damit auseinanderzusetzen, ob man nicht lieber Secondhand-Klamotten kaufen kann, ob man so viel bestellen muss, wie man reist, ob man fliegen muss und so weiter."
Bezug im Koran auf Verantwortung des Menschen
Eine theologische Grundlage für den Klimaschutz sei beispielsweise im Koran die Bestimmung des Menschen zum Statthalter Allahs: "Statthalter Gottes bedeutet, dass der Mensch die Verantwortung hat, die Schöpfung zu schützen und alles dafür zu tun, dass die Schöpfung nicht zerstört wird", erklärt Abdel-Rahman. "Das ist ein relativ klarer Bezug im Koran für die Verantwortung des Menschen. Vor diesem Hintergrund kann man sehr gut die Verantwortung auch im Kontext Klimaschutz entfalten."
Kleine Initiativen - große Unterstützung
Religiös begründete Verantwortung für Klimaschutz übernehmen inzwischen eine Reihe auch kleiner muslimischer Initiativen. Ihnen geht es oft um die praktischen Schritte im Alltag. "Im Islam ist beispielsweise die Gebetswaschung sehr zentral. Und so hat man kleine Schilder in den Waschräumen platziert, wo es beispielsweise ums Wassersparen ging." Diese kleinen Initiativen seien für die Moscheegemeinden eine große Unterstützung, sagt Baraa Abu El-Khair. Weil sie die ehrenamtlich arbeitenden Moscheevorstände entlasten und die Mitglieder der Gemeinden für Klimaschutz sensibilisieren.