Ein Mann mit kurzen Haaren und Drei-Tage-Bart sitzt vor einem Computer und blickt in die Kamera. © NDR.de Foto: Ulrike Hummel
Ein Mann mit kurzen Haaren und Drei-Tage-Bart sitzt vor einem Computer und blickt in die Kamera. © NDR.de Foto: Ulrike Hummel
Ein Mann mit kurzen Haaren und Drei-Tage-Bart sitzt vor einem Computer und blickt in die Kamera. © NDR.de Foto: Ulrike Hummel
AUDIO: Das Online-Magazin Qantara (6 Min)

Online-Magazin Quantara: Der andere Blick auf den Nahen Osten

Stand: 14.02.2025 15:47 Uhr

Viele Muslime in Deutschland sind skeptisch, wenn es um die Medien geht. Doch es gibt Ausnahmen: Etwa das Online-Magazin Qantara.de. Mit rund 800.000 Followern auf Facebook ist das Portal bei Muslimen sehr beliebt und genießt Vertrauen.

von Ulrike Hummel

2001 wurde es vom damaligen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) ins Leben gerufen mit dem Ziel, Deutschlands Ansehen in der Welt zu verbessern. Seit einigen Monaten hat Qantara in Jannis Hagmann einen neuen Chefredakteur, nachdem es von der Deutschen Welle zum Institut für Auslandsbeziehungen (IFA) umgesiedelt wurde.

Kritische Bericht über Politik, Kultur und Gesellschaft

Auf der Startseite von Qantara (="Brücke") bekommen die User einen Überblick über die derzeit wichtigsten Themen aus redaktioneller Sicht. Weiter unten schreibt etwa eine deutsche Autorin über die "Suche nach Vermissten in Syrien" oder man findet Antworten darauf, "warum hinter Weltliteratur oft ein westlicher Blick steckt".

Das Online-Magazin informiert kritisch über Politik, Kultur- und Gesellschaftsthemen in Nahost und Nordafrika behandelt aber auch Themen weitab des Mainstream. Feministische Musik aus Tunesien ist genauso ein Thema wie der Wechsel eines ägyptischen Profifußballers von der Bundesliga zu Manchester City.

Nahost-Themen in drei Sprachen

"Qantara ist deswegen einzigartig, weil es Themen der Region des Nahen Ostens aufnimmt, und zwar in drei verschiedenen Sprachen. Üblicherweise publizieren sie in Arabisch, Englisch und Deutsch - und das ist ja schon außergewöhnlich", erklärt die Nahostexpertin der Heinrich-Böll-Stiftung, Bente Scheller, und fügt hinzu: "Wir haben gerade in den Mediendebatten ja immer wieder 'wer guckt was?' Auf Al Jazeera sieht etwas vielleicht anders aus als dann in der Tagesschau. Und hier haben wir ein Portal, das überwindet diese Kluft und liefert hintergründige und auch kluge Berichte zu allen möglichen Themen der Region in allen drei Sprachen."

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Einblicke in Länder ohne freie Berichterstattung

Es wird nicht nur ÜBER arabische und muslimisch geprägte Regionen berichtet, sondern vor allem VON Menschen, die in diesen Ländern leben. Ein Pool vieler Autorinnen und Autoren - darunter auch deutsche Medienschaffende - schreiben tagesaktuell zu relevanten Inhalten. Qantara ermöglicht Einblicke in Länder ohne freie Berichterstattung, die es in dieser Fülle und tagesaktuell sonst nicht gibt.

Social Media soll ausgebaut werden

Hagmann ist seit etwa sechs Monaten neuer Chefredakteur. Eine grundlegende inhaltliche Richtungsänderung sei nicht geplant. Dennoch will er neue Akzente setzen: "Was wir verstärkt in Angriff nehmen werden, ist ein Ausbau der Social Media Kanäle. Stichwort X, da diskutieren wir gerade, wie wir damit umgehen. Aktuell bespielen wir die Plattform noch und werden es erstmal auch weiterhin tun. Aber wir arbeiten daran weitere Kanäle zu öffnen." Seit Kurzem ist "die Brücke zum Nahen Osten" auf Instagram und Bluesky.

Redaktion trat vor einem Jahr zurück

Leicht war der Einstieg für Hagmann nicht. Anfang 2024 wurde bekannt, dass das bei der Deutschen Welle angesiedelte Online-Magazin auf Wunsch des Auswärtigen Amts dem Institut für Auslandsbeziehungen (IFA) unterstellt wird. Als Reaktion darauf trat das damalige Redaktionsteam geschlossen zurück.

Man sei zu der Überzeugung gekommen, dass Qantara unter der Aufsicht des Auswärtigen Amtes nicht in der bisherigen Form fortgesetzt werden könne, ist auf X zu lesen. "Die Redaktion, die jahrelang das hochprofessionell gemacht hat, beklagte, dass sie dadurch, dass sie eben selbst in der Deutschen Welle unterwegs waren, auch in einem sehr viel größeren journalistischen Kontext eingebettet waren und so die Arbeit ganz anders machen konnten. Und das kann ich sehr gut nachvollziehen", sagt Scheller.

Unabhängigkeit nicht mehr gewährleistet?

Qantara steht für kritischen und unabhängigen Journalismus. Viele Kritiker befürchten nun, dass die Unabhängigkeit auf dem Spiel stehe. Eine Redaktion, eingebunden in das Institut für Auslandsbeziehungen, das fast völlig vom Auswärtigen Amt abhängig sei, könne - etwa über die deutsche Nahostpolitik - nicht unabhängig berichten.

Unabhängigkeit sei aber "absolut wichtig" so scheller, denn "je näher eine Plattform wie diese heranrückt an eine im Prinzip Behörde oder Unterorganisation von Behörden, Ministerien, desto mehr ist das natürlich fraglich, ob das gewährleistet ist. Aber da denke ich, sollten auch alle wirklich hingucken. Denn nur daraus kommt dieser Mehrwert, dass es auch tatsächlich unabhängig gehandhabt wird."

Chefredakteur Hagmann will weiter kritisch bleiben

Chefredakteur Hagmann, zuvor langjähriger Redakteur bei der "taz", ist zuversichtlich und entschlossen, mit seinem neuen Team das bisherige Niveau von Qantara halten zu können: Ich bin angetreten mit dem Versprechen, die Plattform weiterhin kritisch zu führen, und zwar - und das sage ich ganz explizit - zu allen Themen, also auch zu deutscher Außenpolitik, auch zu deutscher Nahostpolitik und auch zu deutscher Israel-Palästina-Politik."

Der letzte Punkt sei natürlich genau das gewesen, "was hinter dieser hitzigen Debatte des vergangenen Sommers" gestanden habe, so Hagmann weiter: "Aber ich bin wirklich überzeugt, dass das Ziel des Umzugs nicht eine Entpolitisierung oder ein 'Auf-Linie-bringen' in dieser Frage war." Finanziert wird Qantara.de seit seiner Gründung vom Auswärtigen Amt. Der Grund für die Umsiedlung zum Institut für Auslandsbeziehungen sei die langfristige Absicherung des Projekts - Kritiker sind nach wie vor anderer Meinung.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 14.02.2025 | 15:00 Uhr

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