Die Zentralmoschee der DITIB in Köln © picture alliance / imageBROKER | Daniel Schoenen
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AUDIO: 40 Jahre DITIB: Moscheeverband im Wandel (5 Min)

40 Jahre DITIB: Moscheeverband im Wandel

Stand: 05.07.2024 12:35 Uhr

Die DITIB ist mit fast 1.000 Moscheegemeinden in Deutschland die größte muslimische Dachorganisation hierzulande. Vor 40 Jahren wurde sie gegründet, um einen fundamentalistisch geprägten Islam einzudämmen, dessen Einfluss in Deutschland immer größer wurde.

von Abdul-Ahmad Rashid

Es war am 5. Juli 1984: Einige türkeistämmige Muslime fanden sich in Köln zusammen, um einen neuen Moscheeverein zu gründen. Die DITIB entstand. DITIB, das ist die türkische Abkürzung für "Türkisch-Islamische Union".

Nationalistische Einflüsse zu Beginn

Vorbild für die DITIB war die Religionsbehörde Diyanet in der Türkei. Diese war 1924 von Staatsgründer Atatürk eingerichtet worden. Ziel war damals die Trennung von Religion und Politik nach laizistischem Vorbild. Der Religionssoziologe Rauf Ceylan von der Universität Osnabrück ist in Duisburg aufgewachsen. Er erinnert sich an seinen ersten Besuch in einer Moschee der DITIB in den 1980er-Jahren: "Bilder in der Tee-Stube, ein Schild, wo stand: Politik verboten. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern, dann natürlich die türkischen Fahnen und ein Bild von Atatürk, und in einige Moscheen auch Porträts von osmanischen Herrschern."

Denn die DITIB war auch lange Zeit ein Ort, an dem ein türkischer Nationalismus verbreitet wurde: "Ja, der türkische Nationalismus war eigentlich immer Programm seit der Gründung der DITIB", so Rauf Ceylan. "Auf der anderen Seite darf man das nicht pauschalisieren. In den 960 Gemeinden und unter den 10.000 Mitgliedern muss man differenzieren, dass nicht jeder nationalistisch geprägt ist, teilweise patriotisch, teilweise gibt es einfach eine Verbindung zum Herkunftsland, weil die Großelterngeneration von dort stammt, teilweise ist es eine symbolische Identifikation."

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Gern gesehener Ansprechpartner

Schnell wurde die DITIB erfolgreich: Es gründeten sich allein im ersten Jahr zweihundertfünfzig Gemeinden. Für den Erfolg war auch das Konzept verantwortlich: Eine Gemeinde vor Ort schloss sich der DITIB an. Dafür bekam sie einen Imam aus der Türkei geschickt, dort ausgebildet und vom türkischen Staat bezahlt. Im Gegenzug überließ die Gemeinde der DITIB ihr Grundstück.

Lange Zeit war die DITIB ein gern gesehener Ansprechpartner in der deutschen Gesellschaft, für Politik, Kirchen und Nicht-Regierungs-Organisationen. Sie stand für das Prinzip der Trennung zwischen Politik und Religion.

Erdogans Einfluss nimmt zu

Dies änderte sich mit dem Aufstieg der islamisch geprägten AKP in der Türkei. Ihr Vorsitzender Recep Tayyip Erdogan - erst Ministerpräsident, dann Präsident - versuchte, immer mehr Einfluss auf die staatliche Religionsbehörde Diyanet zu nehmen. Spätestens seit dem Putschversuch 2016 wurde die DITIB immer wieder als verlängerter Arm Erdogans bezeichnet. Religionssoziologe Ceylan hält diese Aussage für zu pauschal, auch wenn die enge Verbindung der DITIB zur türkischen Religionsbehörde offensichtlich sei: "Wenn man sich das Organigramm anschaut, dann ist der Beirat das mächtigste Organ von DITIB, wo Diyanet-Funktionäre drinsitzen. Auf der anderen Seite, seit 2002 auch eine parteipolitische Instrumentalisierung von DITIB. Das gab es in der türkischen Geschichte eigentlich bis dato nicht."

Die DITIB geriet immer mehr unter Generalverdacht. Spitzelaffären unter DITIB-Imamen, Bittgebete in Moscheen für den Sieg der türkischen Armee gegen die Kurden, antisemitische Äußerungen von einzelnen Gemeinde-Vorsitzenden stärkten nicht gerade den Ruf der Organisation. Hinzu kamen häufige Wechsel an der Spitze der DITIB. Ein Lichtblick sollte da die Eröffnung der Zentralmoschee in Köln sein. Doch auch dieses Ereignis wurde begleitet von Diskussionen, denn Staatpräsident Erdogan kam persönlich zur Eröffnung und nutze dieses Ereignis für die politische Bühne. Das Misstrauen gegen die DITIB erreichte seinen Höhepunkt.

"Es braucht strukturelle Reformierung"

Mittlerweile ist es der DITIB gelungen, dieses Misstrauen weitestgehend einzudämmen. Sie hat die Kritiken ernst genommen und Maßnahmen ergriffen. Seit einiger Zeit hat sie mit Muharrem Kuzey einen Vorsitzenden, der im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger deutsch spricht und in Deutschland promoviert hat. Auch das Personal in der Zentrale in Köln ist immer häufiger in Deutschland sozialisiert. Und immer mehr Imame der DITIB sind in Deutschland aufgewachsen und arbeiten in Moscheen hierzulande. Dazu trägt auch die Akademie zur Imamausbildung in der Eifel bei, die Anfang 2020 an den Start ging. Erst Anfang dieses Jahres wurde der zweite Jahrgang verabschiedet. Ohne Zweifel: Die DITIB befindet sich in einem Transformationsprozess. Religionssoziologe Rauf Ceylan von der Uni Osnabrück sieht die DITIB auf einem guten Weg, jedoch seien die großen Fragen noch nicht geklärt: "Das eine ist die finanzielle Unabhängigkeit von der Türkei, das ist eine Frage, die die DITIB bis heute nicht beantworten kann. Das zweite ist die strukturelle Unabhängigkeit, dass man auch organisatorisch sich noch einmal reformiert. Das sind schon Punkte, wo man sagen muss, das ist noch nicht gelöst, das ist noch Zukunftsaufgabe. Aber auf der anderen Seite kann man schon sagen, dass sich in den letzten 40 Jahren auch viel getan und bewegt hat bei DITIB."

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