Das Konzert
Sonntag, 08. Oktober 2023, 11:00 bis
13:00 Uhr
"Beethovens Töchter" - der Titel ist natürlich etwas irreführend: Beethoven hatte - soweit wir wissen - keine direkten weiblichen Nachfahren. Und rein zeitlich könnten Amy Beach und Dora Pejačević auch eher seine Urenkelinnen sein. Doch hier geht es um Nachfolgerinnen im Geiste und vielleicht auch in der Wirkung.
Denn Beethovens drei Klaviertrios op. 1 waren zwar bei weitem nicht seine ersten Kompositionen, aber die ersten, die er für würdig hielt, 1795 im Druck zu erscheinen. Tatsächlich verkauften die Trios mit den ungewohnt selbständigen Streicherstimmen sich erstaunlich gut, und sein Lehrer Joseph Haydn bestätigte die Selbsteinschätzung des jungen Gipfelstürmers: "Kenner und Nichtkenner müssen aus gegenwärtigen Stücken unparteiisch eingestehen, dass Beethoven mit der Zeit die Stelle eines der größten Tonkünstler in Europa vertreten werde, und ich werde stolz sein, mich seinen Meister nennen zu können." Nach der Einschätzung moderner Musikwissenschaftler begründete Beethoven mit dieser Werkgruppe erst richtig die Gattung Klaviertrio.
Komponistin aus der Neuen Welt
40 Jahre nach Beethovens Tod und auf einem anderen Kontinent wurde Amy Cheney, später verheiratete Beach, geboren. Sie galt als musikalisches Wunderkind und erhielt eine pianistische Ausbildung, war als Komponistin jedoch weitgehend Autodidaktin. Mitte der 1890er Jahre schrieb sie ihre einzige Sinfonie und ließ sie sogar vom Boston Symphony Orchestra uraufführen - als erste Frau in Amerika. Nach dem frühen Tod ihres Ehemanns nahm Amy Beach in Europa ihre Pianistinnenkarriere wieder auf und komponierte weitere Werke. Der Großteil ihres Schaffens besteht aus Liedern und Kammermusik; ihr einziges Klaviertrio a-Moll op. 150 ist ein Spätwerk von 1938. Um diese Zeit war sie eine erfolgreiche und geachtete Komponistin; nach ihrem Tod geriet sie schnell in Vergessenheit, doch seit den 90er Jahren wird Amy Beach wiederentdeckt. Auch das Trio Orelon hat ihr seine Debüt-CD gewidmet.
Komponistin aus altem Adel
Anders als Amy Beach entstammte Dora Pejačević einer gebildeten und musikliebenden Adelsfamilie und durfte in Deutschland studieren. Ihre Sinfonie fis-Moll op. 41 und ihr Klavierkonzert g-Moll op. 33 gelten als die ersten kroatischen Beiträge zu diesen Gattungen. Ebenfalls anders als Amy Beach konzertierte Pejačević aber nicht öffentlich und brachte auch keine eigenen Werke im Druck heraus; Aufführungen hingegen sind belegt. Ein erstes Klaviertrio hatte die bekennende Wagnerianerin schon mit 17 Jahren geschrieben. Während ihrer Studienzeit in Dresden ließ sie dann 1910 ihr zweites folgen, das Trio C-Dur op. 29. Sie war damals - mit 25 - also so alt wie Beethoven, als der seine Trios op. 1 veröffentlichte. Dora Pejačević starb 1923; in diesem Jahr begeht die Musikwelt also ihren 100. Todestag - mit etlichen Aufführungen und Einspielungen.
Abseits der ausgetretenen Pfade
2019 in Köln von drei MusikstudentInnen gegründet, ist das Trio Orelon inzwischen mehrfach ausgezeichnet worden. Erst vor wenigen Wochen hat es den 1. Preis beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD gewonnen. Im Konzertsaal wünschen sich die Geigerin Judith Stapf, der Cellist Arnau Rovira i Bascompte und der Pianist Marco Sanna mehr Diversität. Also gehen sie bei ihren Programmen eigene Wege und machen abseits der ausgetretenen Pfade spannende Entdeckungen: Komponistinnen wie Cécile Chaminade, Amy Beach, Louise Farrenc, Emilie Mayer und Dora Pejačević gehören zum Hauptrepertoire des Trios.
Aufzeichnungen vom ARD Musikwettbewerb runden das Programm dieser Sendung ab.