Eine internationale Klang-Fusion: Der Neue Kammerchor Berlin
Der Neue Kammerchor Berlin begeistert mit anspruchsvoller Chormusik und einem vielfältigen Repertoire. Das Profil hat Dirigent Adrian Emans nach seiner ganz speziellen Vision geformt.
Der Neue Kammerchor Berlin hat sich mit seinen Programmen einen Namen gemacht, indem er eine besondere Vorliebe für zeitgenössische Chormusik zeigt. Mit fast 30 talentierten Sängerinnen und Sängern arbeitet das Ensemble eng mit Komponisten und Komponistinnen zusammen, um innovative Werke zu schaffen. Ein herausragendes Beispiel ist das Stück "The Yellow Wood" des 38-jährigen Komponisten Daniel Elder, das speziell für das Berliner Ensemble als Auftragsarbeit entstanden ist. Inspiriert von den Texten des US-amerikanischen Lyrikers Robert Frost, stellt dieses Werk eine Weltersteinspielung dar.
Eine Autokorrektur des Handys, die stimmt: "Ich" wird zu "Chor"
Adrian Emans gründete den Neuen Kammerchor Berlin im Jahr 2016 und kann bereits auf zahlreiche erfolgreiche Programme und Auszeichnungen zurückblicken. In der Chormusik-Sendung von Sonntag, 26. Januar 2025, erläutert Emans, wie er zur Chormusik fand und warum er der Meinung war, dass Berlin einen neuen Kammerchor benötige. Die Vielfalt der bestehenden Chöre sei für ihn nicht der Grund für die Gründung, sondern vielmehr der Wunsch, eine eigene Vision zu verfolgen und die Fäden selbst zu stricken, den Klangkörper selbst zu formen. Dabei sei er selbst relativ spät zum Chorgesang gekommen, erklärt er.
Ursprünglich von der klassischen Gitarre kommend und mit einem Mathematikstudium im Hintergrund, entdeckte Emans während seines Zivildienstes an der Musikschule Bochum seine Leidenschaft für das Singen im Chor. Diese Erfahrung führte dazu, dass er sich zunehmend mit der Stimme beschäftigte und schließlich die Chormusik zu seinem Hauptfokus machte. "Ich bin mittlerweile so viel im Chorbereich unterwegs, dass selbst mein Handy die Autokorrektur für das Wort ‚ICH‘ in ‚CHOR‘ ändert", erzählt er lächelnd.
Hohe Ansprüche und Klangideal
Um im Neuen Kammerchor Berlin mitsingen zu können, müssen die Sängerinnen und Sänger einen hohen Qualitätsanspruch erfüllen. Eine professionelle Stimm- und Musikausbildung ist unerlässlich. Emans betont, dass Klang für ihn eine entscheidende Rolle spielt. "Beim Vorsingen höre ich die Stimmen als Formen, die zur aktuellen Gesamtform des Chores passen. Ich suche nach Bündelstimmen oder Farbstimmen, die den Klang so bereichern, wie ich mir das dann am Ende im Gesamtklang wünsche", erklärt er. Homogenität und Perfektion sind charakteristisch für den Chor, und Emans strebt danach, den unverkennbaren Sound über verschiedene Stilistiken hinweg zu bewahren.
Stilistische Vielfalt und neue Kompositionen
Der Neue Kammerchor Berlin bewegt sich stilistisch zwischen Barock und zeitgenössischer Musik. Emans erklärt, dass es für die verschiedenen Stilistiken notwendig ist, einen anderen Umgang mit den Stimmen zu pflegen. "Ich versuche, meiner persönlichen Klanglinie treu zu bleiben, während ich gleichzeitig die musikalisch-stilistischen Unterschiede berücksichtige", sagt er. Auf dem Album "Standing on the Shoulders of Giants" finden sich sowohl Werke traditioneller Komponisten wie Joseph Rheinberger und Thomas Tallis als auch zeitgenössische Kompositionen.
Musikalische Highlights: Caroline Shaw und Ken Steven
Ein besonderes Highlight auf dem 2024 erschienenen Album "Standing on the Shoulders of Giants" ist eine Komposition der mit dem Pulitzer Prize of Music ausgezeichneten Amerikanerin Caroline Shaw. Der Chor hat ihr Stück "And The Swallow" eingesungen.
Ein weiteres spannendes Element ist die Arbeit des 30-jährigen Ken Steven, der indonesische Musik mit klassisch europäischen Techniken verbindet und so eine außereuropäische Klang-Fusion schafft. Für Adrian Emans ist dies ein wesentlicher Bestandteil seines Konzepts, neue Klangkontinente zu entdecken und zu erforschen.
Zusammenarbeit mit Karin Rehnquist: Die Entstehung der "Wiegenlieder im All"
Ein zentraler Aspekt der Arbeit des Neuen Kammerchors ist die Zusammenarbeit mit lebenden Komponist*innen. Emans hebt hervor, wie spannend es ist, im kreativen Prozess mit Komponist*innen wie Karin Rehnquist und Daniel Elder zu arbeiten: "Es ist schön, wenn man seine eigene Handschrift im Stück mit drin hat." Diese Zusammenarbeit führt zur Schaffung neuen Chorrepertoires und trägt zur Weiterentwicklung der deutschen Chorlandschaft bei.
Die Zusammenarbeit mit der schwedischen Komponistin Karin Rehnquist beispielsweise führte zur Entstehung der "Wiegenlieder im All", einer Auftragskomposition speziell für den Neuen Kammerchor Berlin. Die Idee entstand in der Coronazeit, als die Sehnsucht nach Reisen groß, jedoch nicht realisierbar war. Kurzerhand wollte Adrian Emans den Norden nach Berlin holen und fragte Rehnquist an, eine zweisprachige Komposition in Schwedisch und Deutsch zu schreiben. Dieses Chorwerk, das modern ist und zugleich auf europäischer Tradition basiert, hat der Neue Kammerchor Berlin für sein Album "Standing on the Shoulders of Giants" aufgenommen.
Innovative Probenmethoden während der Pandemie
Bereits während des ersten Coronalockdowns machte das Ensemble von sich reden, indem es eine digitale Technik entwickelte, die gemeinsames Proben über Videostreams ermöglichte. Auf Abstand und dennoch "in tune" – das ist für alle Chöre und Gesangsensemble besonders schwierig. Doch die Fähigkeit, trotz räumlicher Distanz harmonisch zusammenzuarbeiten, ist für den Neuen Kammerchor Berlin ein Markenzeichen und spiegelt sich in seiner gesamten Arbeit wider.
Die ganze Chormusik-Sendung von Petra Rieß können Sie hier nachhören.