Tokio Hotel: Erfolgreiche Rückkehr zum Deichbrand
Der Deichbrand-Freitag ist hochsommerlich gestartet. Nina Chuba, Cro und Kings of Leon begeisterten die Fans. Auch für Tokio Hotel lief nach dem Konzertabbruch 2023 diesmal alles glatt.
Mit einer Mischung aus Alternative, Rock, Hip-Hop, Electro und weiteren Pop-Genres zieht das Deichbrand-Festival 2024 täglich 60.000 Besucher an. Entsprechend vielfältig ist das Line-up - auch am Freitag. Nachdem die Donots mit Alternative Rock und Punk den Nachmittag ausklingen lassen, startet "Wildberry-Lillet"-Star Nina Chuba ihren Auftritt mit einem "Hallo, Hallo". Das sind die ersten Worte ihres aktuellen Pop-Songs "NINA", mit dem sie ihr Programm einläutet. Die 25-Jährige trägt ein bauchfreies Top und eine weite Hose im pinken Camouflage-Look. Selbstbewusst nimmt sie die ganze Bühne ein, rappt souverän und setzt Emotionen frei.
Nina Chuba gehört zu den Top-Acts des zweiten Festivaltages. Das erkennt man auch daran, dass die Texte der Norddeutschen, die zuletzt vor zwei Jahren beim Deichbrand auftrat und einst englisch sang, von vielen mitgesungen werden. Eine Videowall untermalt die starke Performance mit bunten Mustern. Flankiert wird sie von ihrer Band nebst Saxophon, Posaune und Trompete, die für den speziellen Wiedererkennungswert in Chubas Musik sorgen.
Tokio Hotel rockt die "Fire and Water Stage"
Um kurz nach acht verdeckt ein schwarzer Vorhang die riesige Fire Stage. Aus den Lautsprechern erklingt eine metallische Frauenstimme, die einen Countdown herunterzählt. Die Spannung, die bei dieser Inszenierung im Publikum entsteht, ist angemessen. Immerhin warten hinter dem Vorhang Tokio Hotel, die 2005 mit ihrer Debütsingle "Durch den Monsun" ihren größten Erfolg feierten.
Wie sie sind auch ihre Fans älter geworden. Nicht wenige sind ihretwegen angereist. "Wir wollen die Jugend nochmal aufleben lassen", erklärt eine etwa 30-jährige Besucherin. Es macht den Anschein, als hätten sich jetzt alle 60.000 Festivalbesucher in der Arena versammelt, um die Kaulitz-Brüder zu sehen. Im vergangenen Jahr mussten sie ihr Konzert beim Deichbrand aufgrund von Problemen mit der Technik vorzeitig abbrechen. Diesmal jedoch läuft alles glatt.
Als der Vorhang fällt, steht Sänger Bill Kaulitz einsam auf einem dünnen, schwarzen Podest. Er trägt seine Gitarre, wirkt nachdenklich. Er singt ergreifend seine Ballade. Um ihn herum glitzert alles silbrig. Der Sänger steckt in einem Anzug aus unzähligen Spiegelfliesen. Zu dem glamourösen Panzer trägt er sein blondes Haar offen. Letzteres wirkt sehr natürlich und kontrastiert hart mit dem auffälligen Gewand. Das Publikum blickt auf einen zerbrechlich anmutenden Mann.
Kurz darauf legt der Frontmann sein reflektierendes Outfit ab. Bill Kaulitz inszeniert sich gern widersprüchlich. Nun trägt er Fetischkleidung aus schwarzem Leder, einen Nietengürtel und einen ebenfalls nietenbesetzten Lederslip. Dazu singt Kaulitz seine aktuellen Songs, die nachdenklich machen. Zugleich gibt er sich bemerkenswert nahbar, spricht mit dem Publikum, das jedes seiner Lieder feiert. Von Allüren keine Spur. Zwillingsbruder Tom, der vor allem durch seine Ehe mit Heidi Klum weltweit ins Rampenlicht trat, hält sich mit seiner Gitarre im Hintergrund. Eine knappe Stunde begeistert Tokio Hotel. Die Band verabschiedet sich mit dem "Monsun". Das Publikum feiert und kreischt und freut sich auf die Tour 2025.
Rapper Cro bringt das Festival zum Beben
Als Cro auf die Bühne tritt, ist die Sonne schon fast untergegangen. Die Temperaturen sinken. Der 34-Jährige, der sein Gesicht stets hinter einer Maske verbirgt, ist auf dem gesamten Gelände zu spüren, so sehr hämmern die Bässe. Mit der einsetzenden Dunkelheit erstrahlt die Bühne nun in einer beeindruckenden Lichtshow. Blitzlichtgewitter und Scheinwerferlicht in allen Farben bannen das Publikum. Im direkten Anschluss an die nachdenklich stimmende Inszenierung von Tokio Hotel sorgt Cros Musik für Partystimmung, und jetzt machen wirklich alle mit. Ein toller Blick bietet sich von der Bühne, als das Publikum die Hände preisend gen Bühne reckt. Zu Cros bekanntesten Hits "Easy" und "Einmal um die Welt" - eine Art melodischer Rap - springen die Festivalbesucher, sind wie elektrisiert vom massiven Sound.
Kings of Leon tauchen Arena in ein Lichtermeer
Gegen 22.50 Uhr beziehen die Kings of Leon ihren Platz auf der großen, roten Fire Stage und zeigen, was die Bühnentechnik alles hergibt. Das ganze Publikum taucht in das Lichtermeer der amerikanischen Rockband. Teilweise fällt es schwer, die US-Stars im Gegenlicht zu erkennen. Zwei große Videowände ermöglichen es, der Performance auch aus den hinteren Reihen zu folgen.
Es ist eine "mega-geile Show", findet ein 54 Jahre alter Besucher, der extra für die Kings of Leon aus Wismar angereist ist. Das Publikum vor der Bühne ist im Vergleich zu Nina Chubas Auftritt im Durchschnitt gealtert. Viele Männer und Frauen jenseits der 50 feiern ausgelassen mit. Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, als das Bühnenlicht die Gesichter im Publikum in warmem Rot erstrahlen lässt und alle gemeinsam den Refrain von "Sex is on Fire" grölen. Bei guten Temperaturen und friedlicher Atmosphäre klingt der Deichbrand-Freitag erst nach 2.30 Uhr aus.