"The Death of Slim Shady": Rapper Eminem beerdigt sein Alter Ego
Slim Shady ist tot, lang lebe Slim Shady! Heute erscheint das neue Album "The Death of Slim Shady" von US-Rapper Eminem, auf dem er sein Alter Ego vermeintlich zu Grabe trägt. Stirbt mit dem Alter Ego auch seine diskriminierende Sprache?
Bis heute sind die Texte von Eminem kontrovers: Er teilt aus gegen Frauen und queere Personen. Sein Alter Ego "Slim Shady" war eine Figur, die so bösartig wie möglich sein sollte. Wohl kaum ein anderer Rapper spielt Rollenprosa besser als Eminem: Für die "Slim Shady LP" hat sich Eminem 1999 ein Alter Ego ausgedacht: Slim Shady motzt und grantelt rum, sein Ziel ist es, so viele Menschen wie möglich zu beleidigen.
Jetzt soll Slim Shady sterben? Im Musikvideo zum Song "Houdini" kämpft der heute 51-jährige Eminem als Superheld verkleidet mit seinem wasserstoffblonden Alter Ego aus der Vergangenheit: Doch anders, als der Albumtitel vermuten lässt, stirbt hier niemand: Die beiden Personen verschmelzen zu einer Hybridform, einem neuen Über-Eminem.
Ist das schon Diskriminierung oder nur Provokation?
Auch die Texte auf dem neuen Album deuten darauf hin, dass Eminem mal wieder vor allem provozieren möchte. Inhaltlich ist fast alles beim Alten: Viele Zeilen kann man als queerfeindlich lesen. Im Song "Habits" reflektiert Eminem seine nie ganz eindeutigen Beleidigungen gegenüber trans Personen: "Es ist seine Wahl, genderless zu sein", singt er sogar an einer Stelle. Dabei bezieht er sich allerdings auf die US-amerikanische Celebrity Caitlyn Jenner, die sich nicht als Er, also als Mann identifiziert, sondern als Frau.
Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich Eminem abarbeitet an allem, was nicht der Norm entspricht. Andererseits sind seine Beleidigungen so stark überzeichnet und ironisiert, dass schon die Frage bleibt: Wie ernst nimmt sich jemand, der sich in einem anderen Song auch als "Antichrist" bezeichnet?
Eminem als fühlender Vater
Eminems diskriminierende Texte wären vielleicht zu verzeihen, wenn die Musik auf "The Death Of Slim Shady" eine zweite Ebene aufmachen würde. Doch leider wirken viele Songs dünn produziert: Der Gesang klingt häufig wie eine Smartphone-Aufnahme. Besser wird es ganz am Ende des Albums: Hier zeigt Eminem, dass er nicht nur austeilen, sondern auch was fühlen kann: Der Song "Somebody Save Me" ist eine Ode an seine Tochter Hailie.
Hier ist Eminem der zweifelnde und mitfühlende Vater. Von diesen Songs hätte man sich mehr gewünscht. Aber stirbt Eminems Alter Ego Slim Shady nun auf diesem Album? Nicht wirklich. Was als großes Konzeptalbum angekündigt war, wirkt wie eine Sammlung von Songs, ohne roten Faden. Auch mit Anfang 50 ist Eminem immer noch ein versierter Rapper. Man hätte sich nur gewünscht, dass er auch inhaltlich endlich mal erwachsen werden würde und nicht mehr so tut, als sei er noch Anfang 20.