"Venus & Adonis": Barockensemble mit Schulprojekt in Hannover
Das hannoversche Ensemble la festa musicale will Verständnis für klassische Musik wecken. Seine erste Barockoper "Venus & Adonis" entsteht deshalb gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Albert-Einstein-Schule Laatzen.
Bei dem Opernprojekt geht es um den klassischen Mythos von Venus und Adonis: Zwei Liebendende, die zusammen nicht bleiben dürfen. Der britische Komponist John Blow nutzte den Stoff im 17. Jahrhundert, um daraus die erste Oper Englands zu machen. Weil sie in einer Schule spielt, war sie wie geschaffen für das Schulprojekt des Barockensembles la festa musicale, sagt dessen Konzertmeisterin Anne Marie Harer.
Mythos wird in die 1970er-Jahre versetzt
"Es geht um die Liebe. Es geht darum, eine offene Gesellschaft zu fördern, zu lieben, zu akzeptieren, und ein Teil davon zu sein. Das heißt, es ist egal, ob man einen Mann liebt. Oder ein Kind nicht richtig weiß, welchem Geschlecht es sich zugehörig fühlt und sich als drittes Geschlecht formuliert. Der Plot ist: Leute, liebt!", erklärt Harer.
Ein Plot, der sich gut in die frühen 1970er-Jahre mit ihren Konzepten von freier Liebe platzieren lässt. Die Kostüme dafür werden unter anderem im Kunstkurs der kooperativen Gesamtschule Albert-Einstein genäht, historische Notenständer sollen in den Werk-AGs entstehen und die Tanz-AG wird eine Choreographie erarbeiten. Dazu kommt der Chor der Schülerinnen und Schüler. Unterstützt wird das ganze von der Bundesförderung "Exzellente Orchesterlandschaft Deutschlands".
Die Schüler*innen "brennen" für die Musik
Obwohl wenige der Schülerinnen und Schüler mit Barockmusik vertraut sind, gibt es wenig Berührungsängste, hat Violinistin Harer festgestellt. "Die sind so offen dafür und haben große Lust, sich in diese Materie zu begeben. Wir waren im Juni in Herrenhausen und haben mit denen im Garten kleine Konzerte aufgeführt und mit ihnen gesungen - die haben gebrannt. Es war eine fantastische Stimmung." Der Funke sei übergesprungen. In der Schule rissen sich die Schülerinnen und Schüler darum mitzumachen. "Wir können uns kaum retten vor Beteiligten", freut sich Harer.
Profis der Klassik begleiten Schüler
Die Hauptrollen übernehmen professionelle Sängerinnen und Sänger. Die britische Barock-Spezialistin Sophie Daneman wird Mrs. Venus singen, Bariton Dietrich Henschel - sowohl im Opernrepertoire wie in multimedialen Musikwerken zu Hause - ist Mr. Adonis. Dazu kommt das Ensemble "Ārt House 17" aus Graz, geleitet vom Cembalisten und Blockflötisten Michael Hell, das genreüberschreitend Musik inszeniert. Und auch la festa musicale lässt sich auf ungewöhnliche Töne ein: Seine Instrumente wird das Ensemble einen halben Ton tiefer stimmen als sonst bei Werken des Hochbarocks üblich.
"Die Instrumente waren im 17. Jahrhundert unterschiedlich gebaut, hatten unterschiedliche Seitenstärken, und in jeder Region Europas wurde anders musiziert mit anderen Haltungen, mit anderen Orchesterbesetzungen, mit anderen Stimmungen", erklärt Harer. Auch in Deutschland habe es zeitgleich viele unterschiedliche Stimmungen der Instrumente gegeben. Mit der Oper begebe man sich nach England ins Jahr 1683. "Wir wählen diese Stimmung, die damals dort musiziert wurde."
Popsongs und queere Einflüsse
Mithilfe von Schul-Workshops wird die erste englische Oper am Ende ihre Form der Gegenwart finden. Popsongs und queere Aspekte werden mit einfließen. Denn auch im Original hatten soziale Normen, Hierarchien und die gesellschaftliche Rolle von Frauen schon eine Bedeutung. Und Cupid, auch bekannt als Amor, der bei John Blow Sohn der Venus ist, wird in der modernen Adaption als non-binäres Kind auftreten, gesungen von der Sopranistin Johanna Rosa Falkinger.
Das Ergebnis ist Ende Februar in Hannover zu hören, in der Galerie von Schloß Herrenhausen.