Tenor Julian Prégardien will Hamburg zur "Liedstadt" machen
Am 1. September war Julian Prégardien beim Nordlied-Festival in Hamburg zu Gast. Im kommenden Jahr aber will er selbst als Veranstalter in Erscheinung treten. Der gefeierte Sänger hat Pläne für ein mehrere Städte und Jahre umspannendes Projekt mit dem Titel "Liedstadt".
"Mit einem Lied ist man wirklich an der Herzgeschichte eines jedes einzelnen Menschen dran", schwärmt Julian Prégardien, "weil es meistens um Liebe und Tod geht. Das sind Themen, die nie alt und nie jung sind, und für die man auch nie zu alt oder zu jung ist. Meine Kinder werden angefasst, wenn ich 'Dichterliebe' singe."
"Liedstadt" Hamburg ist nur der Auftakt
Das Lied ist seine Lieblingsgattung - und Julian Prégardien ein leidenschaftlicher Vermittler. Nicht nur als Sänger, sondern auch, wenn er neue Formate initiiert. Das nächste ist ein besonders großes, erzählt er: "Ich möchte im Oktober 2024 Hamburg zur Liedstadt machen!" Und zwar als Auftakt eines Projekts, das danach noch in Städten wie Berlin und Leipzig stattfinden und zum Schubert-Jahr 2028 schließlich in Wien gipfeln soll.
Mit viel Musik aus Hamburg
"Liedstadt" nennt Prégardien sein geplantes Format. Das Ziel beschreibt er so: "Ich möchte ein Netzwerk ins Leben rufen, das Akteure und Akteurinnen des Genres Lied ermutigt, sich zusammenzuschließen, sich auszutauschen" ... und buchstäblich für das Lied auf die Straße zu gehen. Denn ein Baustein seines Konzepts ist die Liederstraße am Eröffnungstag, dem 3. Oktober 2024: "An bis zu 25 öffentlichen Orten soll an einem Tag viermal 15 bis 20 Minuten lang Lieder gesungen werden", beschreibt der Sänger seine Idee, "mit Liedern aus Hamburg. Namen, die da fallen, sind zum Beispiel Louise Reichardt, Fanny und Felix Mendelssohn, Johannes Brahms, Gustav Mahler. Lieder von aktuellen Singer-Songwritern. Über die Stadt verteilt sollen mehrere Tausend Menschen Gelegenheit haben, Lieder zu hören, ohne dafür zahlen zu müssen. Die werden ihnen geschenkt."
Neues Image für das Kunstlied
Prégardien will das Lied nahbar machen, seine musikalische Vielfalt zeigen, dem etwas angestaubten Image des klassischen Liederabends ein anderes Bild entgegensetzen. Deshalb möchte der Tenor in Schulen gehen, Workshops für Laien anbieten, mit möglichst vielen Leuten im Parkhaus am Rödingsmarkt "Der Mond ist aufgegangen" singen. Und überhaupt neue Räume für das Lied erschließen. Gerne auch in Kneipen und Gaststätten. "Ich war in der 'Dübelsbrücker Kajüt' und hab die Betreiberfamilie gefragt: Wurden schon mal Schubert-Lieder bei Ihnen gesungen oder Brahms-Lieder? Nee. Hätten Sie was dagegen? Nee! Das wär doch klasse!"
Prégardien hofft auf große Namen wie Udo Lindenberg, Wolf Biermann und Ina Müller
Mit seinen Ideen zur Liedstadt Hamburg hat Julian Prégardien schon eine ganze Reihe von Menschen begeistert. Auch Generalmusikdirektor Kent Nagano und den Michel-Kantor Jörg Endebrock, der gern dabei ist. Auf seiner Wunschliste der Mitstreiterinnen und Mitstreiter hätte Prégardien aber noch ein paar mehr Namen, darunter auch prominente Persönlichkeiten jenseits der Klassik: "Ina Müller ist eine ganz tolle Singer-Songwriterin. Ich bin geheimer Fan von Inas Nacht. Liebe Ina Müller, wenn Sie das hören ...", Pégardien lacht, "Also: Ina Müller, dann Wolf Biermann, Udo Lindenberg, Derya Yildirim."
Optimismus trotz ungesicherter Finanzierung
Ob Julian Prégardien sie alle mit ins Boot kriegt, wird man sehen. Er plant und organisiert das Projekt Liedstadt erst seit ein paar Monaten und nutzt seine guten Kontakte, um möglichst viel umzusetzen und eine ausreichende finanzielle Unterstützung zu finden. "Ich bin aber zuversichtlich, dass ich, selbst wenn ich keine größeren Geldbeträge zusammensammeln kann, mit dem bisher erstellten Netzwerk von Befürwortern der Idee etwas stattfinden lassen werde."