Ragna Schirmer: Mit den Goldberg-Variationen durch den Lockdown
Die Pianistin Ragna Schirmer hat die zweite Staffel der Livekonzertreihe EXTRA bei NDR Kultur eröffnet und sprach dabei über ihre neue Einspielung der Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach, die im Corona-Sommer 2020 entstanden ist.
Ragna Schirmer fing bereits in jungen Jahren an, Bachs Goldberg-Variationen zu spielen. Nun hat sie die Corona-Zeit genutzt, um sich erneut dieser alten Liebe hinzugeben. Wie es dazu kam, erzählte sie bei NDR Kultur à la carte EXTRA im Gespräch mit Moderatorin Friederike Westerhaus.
Friederike Westerhaus: Als du damit angefangen hast, hast du die 30 Goldberg-Variationen als Debüt-CD rausgebracht und jetzt noch mal eine neue Einspielung vorgelegt. Sie ist gerade erschienen, und zwar nicht nur als CD, sondern auch als DVD. Der Mitschnitt von einem Konzert am 1. November 2020, also unmittelbar vor dem zweiten Lockdown, den es dann gab. Das ist also Musik, die dich auch durch diese Zeit der Pandemie extrem begleitet hat?
Ragna Schirmer: Absolut! Als im März 2020 der erste Lockdown begann, hat man ja noch gedacht: Okay, drei Monate Stille können wir alle vertragen. Ich habe mich sehr zurückgezogen und auch sehr zurückgehalten. Dann hieß es irgendwann im Sommer, kleinere Formate in Kirchen für 30 Zuschauer sind möglich. Da habe ich gesagt, bei der Zahl 30 klingelt bei mir sofort etwas. Ich hatte auch in der Zeit des ersten Lockdowns wieder angefangen, mich intensiv mit Bach zu befassen, weil das die Musik ist, die einen am meisten erdet und einen in Demut vor dem Höheren sein lässt.
Dann habe ich gedacht: 30 Goldberg-Variationen für 30 Zuschauer, das ist eine schöne Idee. 30 für 30. Damit es sich für Veranstalter lohnt, traue ich es mir bis zu fünfmal am Tag zu. Das haben wir gemacht - um 15, 17, 19, 21 und 23 Uhr den kompletten Zyklus! Und das mehrfach in verschiedensten Städten, sodass ich mich dann irgendwann im Herbst in einer Situation befand, wo ich merkte, ich habe die Goldberg-Variationen in dem Jahr so oft gespielt wie noch nie in so einem Zeitraum. Sie haben sich auch total verändert.
Meine erste Aufzeichnung aus dem Jahr 2000 ist noch ziemlich ruhig, weil ich mich um jede Nuance so bemüht habe. Das war meine erste CD, da hatte ich noch gar nicht so viel Erfahrung mit dem Mikrofon und wie das dann am Ende in einer Mischung klanglich wirkt. Dann habe ich gesagt, ich werde es am 1. November 2020 in Halle im Steintor-Varieté spielen, und ich möchte, dass das aufgezeichnet wird. Es gab noch keinen Plan, was mit dieser Aufzeichnung geschieht, sondern ich hatte einfach das Gefühl, diesen Durchlauf möchte ich festhalten, weil gar nicht klar war, wie lange der zweite Lockdown werden würde.
Es ist auch wirklich nur der Mitschnitt von diesem Konzert. Das Ergebnis hat mir dann so gut gefallen. Ich wollte es nicht nur irgendwo streamen, sondern es gerne auf einen Silberling pressen. Und das haben wir dann auch gemacht. Und dafür bin ich sehr dankbar!