Klavier mit zwei Tastaturen: Duplex-Piano in der Elbphilharmonie
Selbst Fachleute staunten, als das Duplex Coupler Grand Piano mit zwei Tastaturen im Juli 2021 wiederentdeckt wurde. Das restaurierte Instrument ist nun bei einer Konzertreihe in Hamburg zu hören.
Es ist seit Jahrzehnten ein Ort für spannende Geschichten: das Tonstudio von Heikedine Körting. Heute allerdings sind nicht die berühmten Detektive "Die drei ???" und auch nicht die fünf Freunde im Haus. Eine Musikerin und drei Musiker geben im Erdgeschoss den Ton an.
Mehr Vorbereitung für Fingersätze und kräftigerer Anschlag
In der Hauptrolle ist ein faszinierendes Instrument: ein großer schwarzer Flügel mit zwei Tastenreihen. Schlägt man die obere an, klingt es hell, die untere klingt dunkler - und gekoppelt dann doppelt: Mit einem Pedal kann Pianist Florian Uhlig diesen Klang erzeugen. Hält er es gedrückt, werden die Töne gleichzeitig in zwei Oktaven angeschlagen.
Der Pianist erhält dadurch mehr Klangfarben, muss aber seinen Fingersatz sehr genau planen. Außerdem muss er kräftiger in die Tasten schlagen, "weil im Vergleich zum normalen Konzertflügel das Tastengewicht ungefähr dreimal so hoch ist", erklärt er. "Man muss also extra ein bisschen früher aufstehen und eine Schale Müsli mehr essen morgens."
Mit der Romantik kam die Klangerweiterung
Der Cellist David Stromberg war im Sommer 2017 eigentlich auf der Suche nach Literatur für zwei Celli und stieß dabei auf den Komponisten Emanuel Moór und die Geschichte des vergessenen Tasteninstruments. Der Flügel sei ein Kind der Spätromantik, sagt er, denn man habe noch mehr Klang und Klangfarben gewollte. "Man wollte Grenzen überschreiten, hin zu der Idee, dass ein Musiker am Flügel ein ganzes Orchester imitiert," so der Cellist. "Mich fasziniert daran, dass Emanuel Moór - dieser wunderbare Komponist, die Idee hatte, das Klavier der Zukunft zu bauen und alles drangesetzt hat, gegen alle Widerstände, um dieses Ziel zu erreichen," sagt David Stromberg begeistert.
Vom selbstgebauten Prototyp in die Weltmanufakturen
Emanuel Moór plante, tüftelte, zersägte mit Hilfe von zwei Tischlern ein Klavier und baute einen Prototyp. "Er hat es dann tatsächlich geschafft, dass Bechstein, Bösendorfer, Steinway - Weltmanufakturen - diesen Flügel gebaut haben," weiß Stromberg.
Moórs zweite Ehefrau, die Pianistin Winifred Christie, präsentierte das Duplex-Piano in den 1920er-Jahren mit den renommiertesten Orchestern in bedeutenden Konzerthäusern.
Eines der wenigen verbliebenen Exemplare direkt vor der Haustür
Im Nationalsozialismus wurde seine Erfindung nicht mehr unterstützt, weil Emanuel Moór Jude war. Er starb 1931. Nach dem Krieg veränderte sich das Stilempfinden, ausschweifende Klangfülle war nicht mehr das Nonplusultra. Das Duplex Piano geriet in Vergessenheit. David Stromberg jedoch hatte die Neugier gepackt: "Ich habe weltweit nach den letzten verbliebenen Instrumenten gesucht und fand dann tatsächlich ein Instrument vor meiner Haustür. Das Duplex-Piano, das wir nutzen, stammt von Schloss Hasselburg."
Es gehört zur umfangreichen Instrumenten-Sammlung des 2016 gestorbenen Andreas Erich Beurmann. Der war nicht nur leidenschaftlicher Sammler und Musikwissenschaftler, sondern Mitbegründer des Hörspielverlags Europa. Seine Frau ist die berühmte Hörspiel-Produzentin Heikedine Körting - Mutter legendärer Reihen wie "Die drei ???", "Fünf Freunde" und "Hui Buh".
Aus dem Esszimmer zur Restaurierung
Körting war überrascht, als ein Cellist vor der Tür stand und sich für das Instrument interessierte. "Ich wusste gar nicht so genau, wo es denn eigentlich steht," erinnert sie sich. "Dann fanden wir es bei uns im Esszimmer. Es war so ein bisschen - ich will nicht sagen verwahrlost, aber es war nicht auf dem besten Stand, und er meinte: 'Das muss ich unbedingt haben. Das ist so eine Sensation. Ich suche das in der ganzen Welt'."
Heikedine Körting überließ David Stromberg das Tasteninstrument, der Musiker akquirierte Gelder und konnte schließlich die Restaurierung in Auftrag geben.
Das Duplex-Piano in der Elbphilharmonie zu hören
Das Interesse und die Begeisterung waren groß bei der Präsentation des Instruments. Konzerte und eine CD-Produktion folgten. In diesem Jahr sogar bereits die "2. Emanuel Moór Konzertreihe". Sie findet in der Elbphilharmonie statt. Heikedine Körting wagt einen Blick in die Zukunft: "Ich glaube, dass durch Herrn Stromberg und Herrn Uhlig dieses Instrument noch eine große Tournee machen wird. Es ist einfach wunderbar. Es klingt sowas von rauschend und schön 'orchestermäßig' finde ich, und ich würde das in jeder Form unterstützen."
Die Emanuel Moór Konzertreihe im Kleinen Saal der Elbphilharmonie startet am 27.9. um 19.30 Uhr mit Werken von Bedřich Smetana, Antonín Dvořák und Emanuel Moór.