Joja Wendt: Mit altem Klavier und großen Künstlern in der Elphi
Nicht eines, sondern gleich drei Neujahrskonzerte hat Joja Wendt am 3. Januar in der Elbphilharmonie gegeben. Der nahbare Künstler bezog das Publikum mit ein und sorgte mit seinen Gästen für ausgelassene Stimmung.
Jeweils zweieinhalb Stunden entführt der Pianist das Publikum im großen Saal der Elbphilharmonie in unterschiedlichste musikalische Welten. Anscheinend ist er nimmermüde: Schon nach dem ersten Konzert setzt er an, Zugaben zu spielen, wird aber von einem Bühnenarbeiter gebremst. Schließlich soll 90 Minuten später bereits das zweite Konzert beginnen. Eine unglaubliche Energieleistung des 59-Jährigen.
Auf die Frage, wie es seinen Fingern gehe, sagt Wendt, die Fingerkuppen seien ein bisschen entzündet, weil er sich seine Finger zu häufig desinfiziere. Aber der Mann strahlt und lacht. Man merkt: Es macht ihm Riesenspaß. Erst vor drei Tagen war er am Brandenburger Tor, hat an Silvester vor 85.000 Leuten gespielt. Doch bei den Neujahrskonzerten in der Elbphilharmonie könne er viel mehr ausprobieren: freier auf sein Publikum zugehen. "Ich fand, die waren am Anfang schon gut drauf. Die haben schon beim ersten Stück mitgeschnippt. Diese Energie, das spüren die Leute. Das habe ich gerade so was von genossen", schwärmt Joja Wendt.
Joja Wendt: Menschenfreund und großer Künstler
Joja Wendt ist wie ein großer Junge, der uns einlädt, mit ihm in seinen Probenkeller zu gehen. Während er spielt, guckt er immer über die Schulter und lächelt verschmitzt ins Publikum. Er holt einen Zuschauer aus der ersten Reihe auf die Bühne: Spielt mit Winfried aus Göttingen plötzlich vierhändig. Einfach irre, wie er sein Publikum abholt. Dieser Künstler ist ein Spaßvogel, ein Menschenfreund, der gleichzeitig aber große Kunst macht. Er spielt Jazz: Boogie Woogie und eine Eigenkomposition darüber, wie er als junger Mann mit seinem VW Bulli über die Alpen nach Südfrankreich gefahren ist, um dort aufzutreten.
Wendts altes zerkratztes Klavier in der Elphi
Im zweiten Teil bringt Wendt sein erstes altes Klavier mit auf die Bühne. Das steht zerkratzt neben dem großen, glänzenden Flügel. Vor langer Zeit stand Wendt mit dem Klavier in der Spitalerstraße und hat musiziert. "Es ist wirklich auch ein bisschen abgeranzt und abgescheddert, weil ich das früher überall mit hatte. Das Klavier hätte es sich wahrscheinlich auch nicht träumen lassen, dass es eines Tages mal auf der großen Bühne der Elbphilharmonie stehen würde", freut sich Joja Wendt.
Gwildis, Alsmann und Nachwuchskünstler auf der Bühne
Im zweiten Teil kommen viele Gäste zu Wendt auf die Bühne: Stefan Gwildis und Götz Alsmann treten auf. Daneben hat Wendt einige junge Künstler auf die Bühne gebracht, die sonst gar nicht so bekannt sind. Zum Beispiel die 23-jährige Cili Marsall aus Ungarn, die Boogie Woogie wie eine Altmeisterin spielt, oder den englischen Violinisten Ben Holder, der mit Giovanni Weiss an der Gitarre Gypsy Jazz spielt und das Publikum hinreißt.
Countertenor Dmitry Egorov als Highlight
Das Highlight aber ist der Auftritt mit dem russischen Countertenor Dmitry Egorov, mit dem er "Nessun dorma" singt. Die Arie aus Giacomo Puccinis Oper "Turandot", berühmt geworden durch Luciano Pavarotti und durch Paul Potts, war ein ganz besonderer Moment. Joja Wendt reißt die Zuschauer mit, das zeigten auch die Kommentare danach. "Die Akrobatik am Klavier, wie er es schafft, am Soloinstrument eine Halle zum Beben zu bringen", begeistert sich ein Zuschauer. Als "nahbaren sympathischen Menschen" bezeichnet ihn eine weiterer. Es ist diese Nahbarkeit. Joja Wendt ist ein großer Künstler, der es schafft, die Menschen zu umarmen und ihnen zu sagen: Kunst ist etwas für alle. Genau das begeistert das Publikum.