Giora Feidman: "Die Klarinette ist das Mikrofon meiner Seele"
Giora Feidman gilt als der "King of Klezmer". Im Laufe seiner Karriere kam er oft nach Norddeutschland und arbeitete auch mit den NDR Ensembles zusammen. Ein Porträt.
Sein spezieller Klarinetten-Ton ist unverkennbar. Er hat den Klezmer in die Konzertsäle gebracht. Seit Jahrzehnten begeistert er ein Publikum auf der gesamten Welt mit seiner Musik. Nun wird Giora Feidman 85. Jahre alt: ein Musiker, der Brücken baut, der Menschen mit seiner Musik an seinem Inneren teilhaben lassen möchte. Zahlreiche Auszeichnungen hat er erhalten, darunter das Bundesverdienstkreuz für seine Verdienste um die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen.
Giora Feidman: Musiker und Weltbürger
Der "King of Klezmer" ist Musiker und Weltbürger und spannt mit seiner Klarinette einen beispiellosen Bogen von ausgelassener Heiterkeit bis hin zu tief empfundenem Schmerz. Keiner kann mit seinem Instrument so lachen wie er. Der Humor ist ihm seit Jahrzehnten ein treuer Begleiter. Die Klarinette sei für ihn das "Mikrofon meiner Seele", sagt er.
Er genießt seine Auftritte. Mit seiner Musik möchte er die ganze Welt umarmen. Keiner kann mit seinem Instrument den Schmerz so ausdrücken, wie Giora Feidman. Für ihn ist Klezmer keine Musik, sondern eine Haltung: "Das Wort ist Jiddisch und die Übersetzung wäre 'Instrument des Liedes'. Die Stimme drückt die Sprache aus, die wir Musik nennen."
Feidman ist Klezmer-Musiker in vierter Generation
1936 in Buenos Aires geboren, erhält er vom Vater den ersten Klarinettenunterricht, er ist talentiert, und wird Klezmer-Musiker in vierter Generation, und spielt schließlich zusammen mit seinem Vater auf Hochzeiten und anderen jüdischen Festen. "Bei einer Hochzeit ist man als Musiker so etwas wie das Kerzenlicht", erzählt er. "Man spielt oft während es Essens. Und wenn man gut spielt, werden diese 300 oder 400 Leute aufhören zu essen und sie werden dir zuhören."
"Klezmer ist das Gefäß, Musik die Sprache" - ist seine Philosophie. Und Giora kann immer besser sprechen mit seinem Instrument, spielt schließlich im Radio-Sinfonieorchester von Buenos Aires, später im Teatro Colón. Mit 21 Jahren wandert er nach Israel aus, wird dort jüngstes Mitglied des Israel Philharmonic Orchestra, geht mit dem Orchester auf Tournee und lernt die großen Bühnen der Kulturmetropolen kennen. "Ich habe dort so viel bekommen, so viel gelernt", erinnert er sich. "Die Konzerte waren immer brechend voll. Nirgends habe ich so sehr meine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber gefühlt, wie damals in Isarel."
Solisten-Karriere in den USA und weltweit
Nach 18 Jahren verlässt er Israel und startet eine Solisten-Karriere in den USA. Von New York aus bringt er den Klezmer in die Konzertsäle der Welt und feiert einen Erfolg nach dem anderen. 1984 wird er auch in Deutschland bekannt, nachdem ihn Peter Zadek eine Hauptrolle in Joshua Sobols Theaterstück "Ghetto" verschafft. Deutschland wird zu seiner zweiten Heimat. Er wirkt in Filmmusiken mit wie "Jenseits der Stille" und "Die Comedian Harmonists" und in Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste".
Feidman arbeitet mit NDR Radiophilharmonie und NDR Chor zusammen
Auch in Norddeutschland hat er seine Fangemeinde. Er tritt mehrfach mit der NDR Radiophilharmonie und dem NDR Chor auf und ist gern gesehener Gast auf den Norddeutschen Festivals. Und noch heute als Mitt-Achziger lässt Giora Feidman die Menschen an seiner Seele teilhaben. "Ich weiß, dass mich die jüngere Generation manchmal kritisiert. Sie sagen, ich sei kein echter Klezmer, weil ich auch Mozart oder Schubert spiele", berichtet er. "Aber, bitte: Was ist denn die wirkliche Bedeutung von Klezmer? Jedes menschliche Wesen ist ein Instrument des Liedes. Das ist die wahre Bedeutung von Klezmer."