Über alle Grenzen
Vor 40 Jahren trafen Pianist Jasper van't Hof und Saxofonist Christof Lauer das erste Mal aufeinander. Auf "Skin Under" kommt die kongeniale musikalische Partnerschaft der beiden erneut zum strahlen.
Eine Art von Jubiläum war da zu feiern, als Pianist Jasper van't Hof und Saxofonist Christof Lauer voriges Jahr ins Studio gingen - vier Jahrzehnte zuvor waren die beiden einander erstmals professionell begegnet: im Quartett des Schlagzeugers Ralf R. Hübner, der damals, Anfang der 80er Jahre, zum engsten kreativen Kern der Frankfurter Szene um die Mangelsdorff-Brüder Emil und Albert gehörte. Für "Courage for the past", für den Mut zur Vergangenheit also, warb Hübners Album 1983 im Titel. Lauer aber war gerade 30 geworden - und eines der herausragenden jüngeren Talente im damals aktuellen Jazz aus Deutschland. Vergangenheit und Zukunft klangen also zusammen: in der Gegenwart.
Ralf Hübners "Marsch für Oelze"
Ein Titel von Hübner erinnert an den Schlagzeuger und Band-Leader von damals - der "Marsch für Oelze". Richard Oelze, als Surrealist eins von Hübners Kunst-Vorbildern, war 1980 gestorben, kurz vor den Aufnahmen mit Hübner, Lauer, Bassist Thomas Heidepriem und eben Jasper van't Hof an den Tasten. Jetzt haben sich van't Hof, seit mittlerweile einem halben Jahrhundert einer von Europas prägenden Pianisten, und Lauer wieder getroffen; seit 1993 war der Saxofonist Mitglied der NDR Bigband gewesen und ging 2018 in Pension. Lauers Ton und die Phantasie seines Spiels aber sind mitreißend kraftvoll und von immensem Drang zur Freiheit der Musik, wie eh und je.
Die Kompositionen, die Jasper van't Hof beigesteuert hat, bieten Lauer Raum für funkelnde Phantasien. "Borderless Contents" etwa benennt unüberhörbar Motiv und Prinzip: Grenzenlosigkeit, die hier jede Art von musikalischer Geschichte durchzieht. Aber der Pianist van't Hof ist ein brillanter Partner, extrem virtuos fängt er mit Sinn für musikalische Struktur auch Lauers radikalere Ausbrüche wieder ein. Dabei sind die beiden alten Bekannten immer im Dialog, gut nachvollziehbar wird die Gemeinschaftlichkeit in der Arbeit. Stefan Lievestro am Bass und Jamie Peet, seit geraumer Zeit mit van't Hof unterwegs, stiften das verlässliche Fundament dazu.
Der Preisträger Jasper van't Hof
Vor fünf Jahren erhielt van't Hof in den Niederlanden den renommierten Boy-Edgar-Preis für's Lebenswerk, verbunden mit vielen Preisträger-Konzerten überall im Land. Zuvor aber hat er stets kämpfen müssen daheim. Er war nie in Amsterdam zu Hause, gehörte nie zum Kern der Szene dort. Sein Projekt war immer europäisch justiert. "Skin under", das neue Album mit Lauer als Gast, beweist einmal mehr auch das; über alle Grenzen und sogar über alle Meisterschaft hinaus.
"Skin Under"
- Genre:
- Jazz
- Label:
- Jaro Medien
- Veröffentlichungsdatum:
- 29.03.2024
- Preis:
- 17,99 €