"Drive My Car": Neues Album von Ex-Stones-Bassist Bill Wyman

Stand: 10.08.2024 06:00 Uhr

Schon vor 31 Jahren hat Bill Wyman seinen Job als Bassisten der Rolling Stones an den Nagel gehängt. Doch die Musik hat er nie aufgegeben: Nach neun Jahren Pause legt er jetzt mit "Drive My Car" zwölf neue Songs vor. Die folgen nur einer Maxime: Spaß zu haben.

von Marcel Anders

"Das ist alles, was mich seit 1993, als ich die Band verlassen habe, interessiert: Mein eigenes Ding zu machen", erklärt Bill Wyman. "Also Bücher zu schreiben und mich um mein Restaurant, die Archäologie und all die anderen Dinge zu kümmern, die ich mag - Musik, Kunst, Fotografie." Es hat etwas davon, als wolle er verlorene Zeit aufholen - als wären die 31 Jahre mit einer der größten Rockbands der Welt ein kreatives Gefängnis gewesen, in dem er sich nie verwirklichen konnte. Das holt Bill Wyman jetzt nach.

Auf "Drive My Car" serviert der vitale Rock-Rentner eine Mischung aus allem, womit er in den 1950ern aufgewachsen ist: Rhythm & Blues, früher Rock'n'Roll, Country, altmodischer Blues - meist elektrisch, gelegentlich akustisch, aber immer mit vorbildlicher Mission: Der modernen Welt zu zeigen, was gute Musik ist. "Wenn ich mir die Charts anschaue, tummeln sich da nur hübsche Jungs oder Mädels, die kein Instrument spielen, nicht singen und auch keine Songs schreiben können", meint der 87-Jährige. "Es ist der einzige Bereich der Unterhaltungsindustrie, wo man ohne Talent zum Star werden kann. Da höre ich lieber Sachen von früher, als es noch Künstler wie Ray Charles gab. Wenn er am Klavier saß, haben alle geweint. So etwas kriegt heute niemand mehr hin."

Witzig-charmante Texte im altmodischen Sound

Zum Weinen bringt Bill Wyman seine Hörer nicht, wohl aber zum zufriedenen Mitwippen und Lächeln. Das liegt zum einen an seinem geisterhaft-gehauchten Gesang, der an den amerikanischen Ausnahmemusiker J.J. Cale erinnert - zum anderen an witzig-charmanten Texten über Autos und Frauen; und nicht zuletzt an einem herrlich altmodischen, aber spontanen Sound. "All diese Stücke wurden in ein oder zwei Durchgängen aufgenommen. Hat es länger gedauert, habe ich sie verworfen und mich an den nächsten Song gemacht. Denn: man muss es schnell hinkriegen, um die Atmosphäre und die Stimmung einzufangen. Das hört man auf dem fertigen Album", erklärt der Musiker.

Neben fünf Eigenkompositionen covert Wyman Material von alten Freunden: "Thunder On The Mountain" von Bob Dylan, "Light Rain" von Taj Mahal oder "Ain't Hurtin' Nobody" von John Prine. Stücke, die zu seinen persönlichen Favoriten zählen, und denen er eine starke, individuelle Note verleiht. Das ist es, was ihm Spaß macht - und worüber er viel lieber redet als die Rolling Stones. Dieses Kapitel sei für ihn abgeschlossen - ein für alle Mal: "Ich wollte nicht den Rest meines Lebens mit dem immer gleichen Kram verbringen. Ich wollte anderen alten Kram machen." Genau das tut er - und zwar richtig gut.

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