Bisseer Skulpturensommer: Letzter Walzer für die Open-Air-Galerie
Der Bisseer Skulpturensommer steht in diesem Jahr unter dem Motto "The Last Waltz" - denn nach 25 Jahren verabschiedet sich die Open-Air-Galerie aus dem schleswig-holsteinischen Ort. Ein Rundgang durchs Dorf beim Eröffnungswochenende.
Seltsam fremde Gestalten? Im eigenen Garten? Die Hauseigentümer in der Eiderstraße sind vielleicht auch deshalb nicht da. Aber eben Beate Kälbert. Die Bordesholmerin steht am schmiedeeisernen Zaun, die zwölf schwarzen Bronzefiguren auf dem frischgrünen Rasen dahinter fest im Blick.
Bisseer Skulpturensommer: Letzte Ausgabe nach 25 Jahren
"Ich sehe ganz unterschiedliche Menschen in unterschiedlicher Himmelsrichtung ausgerichtet, mit unterschiedlicher Kleidung, mal mit Kopfbedeckung, Halskrause oder gar keiner Kleidung", beschreibt Kälbert den Anblick. "Aber alle sind in einer strammen Körperhaltung, finde ich."
Dazu sind die Figuren der Berliner Künstlerin Tina Schwichtenberg im Kreis angeordnet. Was auffällt: Es sind Frauen, gedrungen und wegen ihrer Physiognomie wohl aus verschiedenen Kulturkreisen. Eine von ihnen trägt eine Gasmaske als Attribut des Krieges. Eine andere hat zwei sorgenvoll umherschauende Köpfe. "Frauen De Formation" heißt die Figurengruppe dann auch.
"Natürlich braucht man einen sehr großen Garten dafür"
100 Meter weiter stößt man schon auf die nächste Installation: Zwei Elefanten aus rostigem Metall stehen auf einer gestelzten, hauchdünnen Stahlplatte, biegen diese ordentlich durch. Als imposante Tiere passen sie prima zu diesem großen Hof im Dorf - und auch in Frau Kälberts Garten? "Tatsächlich wäre das eine Idee", überlegt die Bordesholmerin. "Natürlich braucht man einen sehr großen Garten dafür. Aber das finde die Skulptur wirklich ansprechend. Ich erkenne auf den ersten Blick, was es ist. Ich finde es spannend, wie dieses Balancegefühl dargestellt ist!"
"Der letzte Walzer auf dünnem Eis" ist eine Arbeit des Kunstschmiedes Kurt Lange aus der Nähe von Preetz. Sie baut schon vom Titel her die Brücke zum Skulpturensommer in Bissee, dessen Abschiedsschau seine Organisatorin Karin Russ mit "The Last Waltz" überschrieben hat.
Organisatorin zum Finale: "Die Sache ist jetzt rund"
"The Last Waltz" war der Titel des legendären Abschiedskonzerts von der Rockband The Band im Jahr 1978, bei dem Stars wie Eric Clapton, Bob Dylan, Ringo Starr und Ron Wood gemeinsam auf der Bühne standen. "So haben wir zu diesem letzten Walzer in Bissee auch alle Künstler eingeladen, die uns das ganze Leben begleitet haben", erzählt Russ. "Jörg Plickat, Jo Kley, Martin Wolke und viele, viele andere - ihnen allen sind wir sehr dankbar."
25 Jahre Kunst, arrangiert als Open-Air-Galerie, gehen nun zu Ende. Gut 100 Künstler und Künstlerinnen haben in der Zeit mehr als 700 Werke ausgestellt. Warum der Schlussstrich, wo alles so erfolgreich war? Karin Russ: "Das fragen uns die Bisseer auch immer wieder: Warum hört ihr auf? Und was können wir tun, damit ihr weitermacht? Wir helfen auch! Wir möchten so gerne, dass weiter Skulpturen ins Dorf kommen. Aber irgendwann ist eine Sache rund. Und diese Sache ist jetzt rund. Deswegen haben wir gesagt: Das ist das Ende der Ausstellung in Bissee."
Tonnenschwere Stein-Skulptur: "Wie haben die das gemacht?"
Unter den Kunst-Flaneuren an diesem Tag ist auch Conrad Roy. Der junge Mann ist gelernter Tischler und hat sich kurz vor dem Dorfausgang an einer Granitskulptur festgeguckt. Jo Kleys "Planet Babylon" ist ein grauweißer Stein, der aussieht wie ein explodierender Stern. Seine Strahlen sind akkurate herausgeschnittene spiralförmige Kegel.
"Ich kenne ja nur die Holzbearbeitung", sagt Roy. "Wenn ich jetzt so einen riesen Granitstein sehe, frage ich mich natürlich: Wie haben die das aus dem Felsen gehauen - und dann irgendwie gefräst und geflext?" Die Steinskulptur dürfte einige Tonnen wiegen. Aber auf den spitz zulaufenden Kegelfüßen scheint sie zu schweben. "Mich wundert es ein bisschen, dass sie nicht in sich zusammenbricht. Und wie die das hier überhaupt reingestellt haben, da habe ich auch keine Ahnung. Aber das ist ja auch deren Ding: In die Nachbarschaft immer wieder große Granitsteine zu legen oder Kunstwerke aufzubauen."
34 Arbeiten von mehr 20 Künstlerinnen und Künstlern
Auch hierher passt diese Skulptur: vor eine restaurierte, reetgedeckte Bauernkate, mit Kiesbett in der Zufahrt. Roy nickt und sagt: "Es sieht so aus, als hätten sie die extra bestellt und hier hinstellen lassen, um das Grundstück nochmal aufzuwerten. Klar achten die Künstler und Monteure wahrscheinlich darauf, dass es schnittig aussieht. Aber man muss es auch erst einmal hinkriegen, die richtige Position zu finden."
Das haben sie, beim Bisseer Skulpturensommer - der die 34 Arbeiten von mehr als 20 Künstlern und Künstlerinnen noch bis zum 15. Oktober zeigt.
Bisseer Skulpturensommer: Letzter Walzer für die Open-Air-Galerie
Ein Dorf in Schleswig-Holstein zeigt Kunst auf privaten Grundstücken - in diesem Jahr zum letzten Mal, nach 25 Jahren.
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Bissee, diverse Orte
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